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Panorama: Ich gestehe!: Hellmuth Karasek, Journalist und Schriftsteller

Der Herausgeber dieser Zeitung macht das Schlusslicht. Denn dies ist die vorerst letzte Folge unserer Kolumne.

Der Herausgeber dieser Zeitung macht das Schlusslicht. Denn dies ist die vorerst letzte Folge unserer Kolumne. Eine Auswahl und weitere, bisher unveröffentlichte Geschichten, erscheinen bald als "Lexikon der prominenten Peinlichkeiten. Fatale Fettnäpfchen berühmter Zeitgenossen" im Eichborn-Verlag.

In der Pubertät bin ich immer rot geworden. Das hatte folgende Ursache: Ich war auf einer gemeinsam erziehenden Schule, die von Mädchen und Jungs besucht wurde. In dieser Schule schickten sich die Schüler von Klasse zu Klasse immer Mitteilungen auf Zetteln zu. Das ging so: es klopfte, die Tür ging auf und ein Schüler einer anderen Klasse brachte einen Zettel. Nun verehrte ich heimlich ein Mädchen aus einer anderen Klasse. Ich war vierzehn. Das Unglück wollte es, dass ausgerechnet dieses Mädchen es war, die bei einem der ersten Male einen solchen Zettel überbrachte. Ich saß wie vom Feuer übergossen da. Das bloße Klopfen an der Tür hat einen schrecklichen Mechanismus bei mir ausgelöst. Seither wurde ich jedesmal rot, wenn es an der Tür klopfte. Ich bin sozusagen in vorauseilender Scham rot geworden. Das blieb auch für meine Gefühle eine halbe Ewigkeit so. Ich konnte dem erst dadurch ein Ende setzen, indem ich irgendwann die Flucht nach vorn angetreten habe. Immer wenn es klopfte, schubste ich meinen Nachbarn an und sagte, gleich werde ich wieder rot. Es ist zwar albern, aber so ist es nun mal. Heute fallen mir dazu diese Worte von Karl Kraus ein: "Erröten? Herzklopfen? Schlechtes Gewissen? Das kommt davon, dass man nicht gesündigt hat".

Bea Schnippenkötter

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