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Ein Gedenkstein für Peggy

© dpa

Justizirrtum: Im Mordfall Peggy kann Ulvi K. mit Freispruch rechnen

Im Mordfall Peggy winkt Ulvi K. ein Freispruch. Der Richter hält die Täterschaft des geistig Behinderten für schwer beweisbar. Der Angeklagte hatte einst unter dubiosen Umständen ein falsches Geständnis abgelegt - und dieses später widerrufen.

Im Mordfall Peggy könnte der Angeklagte Ulvi K. womöglich bald freigesprochen werden: Das Landgericht Bayreuth beendete am Mittwoch überraschend vorzeitig die Beweisaufnahme und kündigte das Urteil für kommende Woche Mittwoch an. Laut einem Gerichtssprecher kam der Vorsitzende Richter in einer Würdigung der bisherigen Beweisaufnahme zu dem Schluss, dass der Tatnachweis gegen den geistig Behinderten Ulvi K. nur schwer zu führen sei. Der inzwischen 36-jährige Ulvi K. war vor zehn Jahren vom Landgericht Hof wegen Mordes an der aus dem fränkischen Lichtenberg stammenden Peggy zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Urteil gründete auf einem später von K. zurückgenommenen Geständnis - die Leiche des seit dem Jahr 2001 vermissten Mädchens wurde bis heute nicht gefunden.

Das Geständnis war unter dubiosen Umständen zustande gekommen

Wie der Gerichtssprecher sagte, bewertete der Vorsitzende Richter am Mittwoch die bisherigen wesentlichen Zeugenaussagen in dem Wiederaufnahmeverfahren, darunter auch die Aussage eines Gutachters. Dieser hatte im ersten Prozess noch das Geständnis trotz des Widerrufs als glaubwürdig eingestuft. In der Neuauflage konnte er nun aber nicht mehr ausschließen, dass es sich doch um ein Falschgeständnis handelte. Das Geständnis war unter dubiosen Umständen zustande gekommen: Der Verteidiger von K. war nicht dabei, es wurde auch anders als bei anderen Vernehmungen keine Tonbandaufnahme gefertigt.

Nach dem vorzeitigen Ende der Beweisaufnahme sollen nun am kommenden Dienstag Staatsanwaltschaft und Verteidigung ihre Plädoyers halten. Die Verteidigung hatte bereits angekündigt, einen Freispruch zu fordern - offen ist nun nur, ob die Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf gegen Ulvi K. noch aufrecht hält.

Viele Anwohner zweifelten von Beginn an an Ulvi K.s Täterschaft

K. musste seine vor zehn Jahren verhängte Haftstrafe bislang noch nicht antreten. Wegen sexueller Übergriffe auf Kinder war er bereits vor dem ersten Prozess in die Psychiatrie eingewiesen worden. Sein Verteidiger hatte im Vorfeld des Prozesses angekündigt, im Falle eines Freispruchs gegen die Unterbringung Rechtsmittel einzulegen.
Der Fall Peggy sorgt seit Jahren in Lichtenberg für Aufregung, viele Bewohner zweifelten an einer Täterschaft von Ulvi K.. Vor allem die Betreuerin des Behinderten verfolgte hartnäckig das Ziel, diesem einen neuen Prozess zu ermöglichen.
Die in Deutschland äußerst seltene Wiederaufnahme des rechtskräftig gewordenen Ersturteils konnte die Verteidigung schließlich im vergangenen Jahr mit zwei Argumenten erzwingen. Ein Hauptbelastungszeuge, der angegeben hatte, Ulvi habe ihm gegenüber die Tat gestanden, räumte kurz vor seinem Tod ein, gelogen zu haben. Außerdem stellte sich heraus, dass die Polizei eine Tathergangshypothese erstellt hatte, die dem Geständnis von K. ähnelte - der Gutachter war davon ausgegangen, dass es keine Tathergangshypothese gab. (AFP)

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