zum Hauptinhalt

Panorama: Kampfhunde-Prozess: Dreieinhalb Jahre Haft für den Hundehalter

Eine Jugendkammer des Hamburger Landgerichts hat gestern den Hauptangeklagten im Kampfhunde-Prozess, Ibrahim K.(24), wegen fahrlässiger Tötung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Eine Jugendkammer des Hamburger Landgerichts hat gestern den Hauptangeklagten im Kampfhunde-Prozess, Ibrahim K.(24), wegen fahrlässiger Tötung zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Mitangeklagte Silja W. (19) erhielt eine Haftstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Damit ist das Landgericht mit seinen Urteilen deutlich unter der Strafforderung der Staatsanwaltschaft geblieben. Die Verurteilten haben sich nach Auffassung des Gerichts der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht.

Als das Gericht das Urteil verkündete, saß der Vater des im Juni 1999 getöteten Volkan zusammengesunken auf seinem Stuhl, den Kopf in beide Hände gestützt, weinend. Wenige Meter hinter ihm saß ebenfalls weinend Silja W., deren Hund "Gipsy" an dem verhängnisvollen Tag zuerst auf den spielenden Volkan zugestürzt war und sich in seinem Kopf verbissen hatte, bevor "Zeus", der Hund des Ibrahim K. (24) folgte.

Zu Beginn der Urteilsverkündung hatte sich der Richter an den Vater gewandt. Die Mutter, die noch beim Prozessauftakt dabei war, hatte sich die weitere Teilnahme an dem Verfahren nicht mehr zugemutet. Mit dem Tod ihres Kindes, so der Richter, sei Trauer und Verzweiflung über die Familie hereingebrochen. Sie könnten durch dieses Urteil wenn überhaupt, nur in begrenztem Maße gelindert werden.

Der Staatsanwalt hatte eine Freiheitsstrafe von mehr als acht Jahren für Ibrahim K. und von zwei Jahren und neun Monaten für die Angeklagte beantragt. Er ging in seinem Plädoyer von einer vorsätzlich begangenen Tat aus: Die Angeklagten hätten angesichts der Gefährlichkeit ihrer Hunde einschätzen können, dass ein solcher Angriff auf Menschen wahrscheinlich war, und ihn in Kauf genommen. Das Gericht ist in seinem Urteil zurückhaltender, kann ein vorsätzliches Verhalten nicht erkennen. Eine "Gesamtshau" des Tatgeschehens unter Berücksichtigung der Persönlichkeit der Täter, führe vielmehr zu dem Ergebnis, "dass die Angeklagten darauf vertraut haben, es werde nicht zur Verletzung eines Menschen kommen". Wohl aber hätten die beiden Angeklagten "fahrlässig" und "pflichtwidrig" gehandelt. Sie seien behördlich angewiesen worden, die Hunde in der Öffentlichkeit stets angeleint zu führen, der Hund "Gipsy" hätte einen Maulkorb tragen müssen. Die Auflagen wurden nicht eingehalten, auch am Tag des tödlichen Angriffes nicht.

Bestimmend sei dabei Ibrahim K. gewesen, mit dem die Angeklagte seit einiger Zeit zusammenlebte. Sie müsse in ihrer Beziehung zu ihrem Lebensgefährten lernen, Selbstständigkeit zu erlangen, gab die Jugendkammer der Frau mit auf den weiteren Weg. Der Überfall der Hunde auf Volkan sei für sie selbst eine traumatische Erfahrung. Beide Verurteilten litten an starken Schuldgefühlen und müssten deshalb therapeutisch betreut werden. Silja W. wurde zur Bewährungsauflage gemacht, zwei Jahre lang keine Hunde zu halten. Außerdem muss sie eine Zeit lang in einem Alters- oder Pflegeheim helfen.

Karsten Plog

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false