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Panorama: Kinder, zum Glück

Eine Umfrage zeigt das Imageproblem von Familien

Von Hans Monath

Berlin - Familien in Deutschland halten ihre eigene materielle Lage und die staatliche Unterstützung häufig für schlechter, als diese tatsächlich sind. Das ist ein Ergebnis repräsentativer Umfragen, die die Zeitschriftengruppe „Eltern“ am Dienstag in Berlin präsentierte. Den emotionalen Gewinn aus dem Zusammenleben mit Kindern empfinden Eltern allerdings völlig anders als die von ihnen als ungenügend beschriebenen politisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen: „Menschen mit Kindern sind glücklich, Menschen ohne Kinder können sich dieses Glück nicht vorstellen“, sagte die Chefredakteurin der Magazine, Marie Luise Lewicki: „Aber Familien in Deutschland haben ein Imageproblem.“

Im Auftrag der Zeitschriften hatte das Institut für Demoskopie Allensbach die wirtschaftliche Situation junger Familien sowie Wünsche und Urteile der Eltern untersucht: „In keiner anderen Lebensphase ist die Lebenszufriedenheit und das individuelle Glück höher als in der Zeit der Familiengründung und der Erfahrung mit kleinen Kindern, trotz der großen Herausforderungen und Belastungen junger Eltern“, heißt das Ergebnis der Meinungsforscher. Trotz angespannter gesamtwirtschaftlicher Lage, Arbeitslosigkeit und steigender Sozialabgaben sei der subjektive Stellenwert der Familie in Deutschland in den vergangenen Jahren nochmals gestiegen.Trotzdem hat sich laut Statistik die Zahl der Geburten seit 1965 fast halbiert.

Gleichzeitig aber haben immer mehr Eltern das Gefühl, sie müssten seit der Geburt des ersten Kindes mit einem geringeren Einkommen haushalten. Die Fakten rechtfertigen einen solchen subjektiven Eindruck aber nur bedingt: „Das Nettoeinkommen von Familien hat sich nicht verschlechtert“, sagte Allensbach-Leiterin Renate Köcher. Es steige, sofern die Inflationsrate herausgerechnet werde, sogar seit Jahren kontinuierlich an. Allerdings sei eine „wachsende soziale Differenzierung“ zwischen Arm und Reich zu beobachten, weil sowohl der Anteil gut verdienender Elternhaushalte steige, als auch der Anteil von Eltern mit niedrigem Einkommen stabil bleibe oder ebenfalls wachse. Auch hätten Familien mit stabilen Einkommen wegen steigender Abgabenlast mit wachsenden Ausgaben zu kämpfen.

Eine ähnliche Kluft zwischen dem subjektiven Empfinden und dem tatsächlichen Angebot zeigt sich auch im Urteil vieler Eltern über die materielle Unterstützung des Staates für Familien. Die Unterstützung in Deutschland sei durchaus vergleichbar mit dem Nachbarland Frankreich, das häufig als Vorbild staatlicher Familienförderung gelte, sagte Chefredakteurin Lewicki: „Bei uns ist nur die gefühlte Nichtförderung viel stärker.“

Malte Ristau, Abteilungsleiter im Familienministerium, verwies darauf, dass unabhängige Experten der OECD die deutsche Politik für den Umfang und die Wirksamkeit der Transfers für Familien sehr lobten. So sei der Umfang der staatlichen Transfers für Familien von 1995 bis 2003 von 32,5 auf 60 Milliarden Euro gestiegen. Auch zeigten weitere demoskopische Befunde, „dass es Familien in Deutschland noch nie so gut ging wie zurzeit“. Unter anderem habe noch nie eine so gute Stimmung zwischen den Angehörigen verschiedener Generationen in der Familie geherrscht wie momentan.

Allensbach-Leiterin Köcher bestätigte, die im internationalen Vergleich beachtlichen materiellen Unterstützungsleistungen in Deutschland könnten „nicht erklären, warum wir so eine niedrige Geburtenrate haben“. Wesentlicher Grund für den Geburtenrückgang sei vielmehr ein strenges Rollenverständnis, das Frauen über viele Jahrzehnte zur Entscheidung zwischen Kindern und Beruf gezwungen habe. Auf der Wunschliste der Eltern steht laut den Umfragen eine kinderfreundliche Gesellschaft ganz oben.

Eine der zentralen Erkenntnisse aus der von den Zeitschriften gestarteten Initiative „Mehr Kinder. Mehr Leben“ lautet für Chefredakteurin Lewicki: „Anerkennung ist für Familien noch wichtiger als Geld.“ Leider verbreiteten viele Medien in Deutschland jedoch kein positives Bild von Familie. Stattdessen werde in der öffentlichen Debatte durch die Konzentration auf das Armutsrisiko häufig der Eindruck erweckt, Familien seien „eine Randgruppe, der es unheimlich schlecht geht“.

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