zum Hauptinhalt

Panorama: Mallorca: Urlauber am Rande des Nervenzusammenbruchs

Das Werbeschild am Flughafen von Palma verspricht: "Auf Mallorca finden sie alles, was sie wollen." Am Sonnabend wollten Tausende von sonnenhungrigen Urlaubern allerdings nur eines, und das war kaum zu finden: Ein Taxi zum Hotel.

Das Werbeschild am Flughafen von Palma verspricht: "Auf Mallorca finden sie alles, was sie wollen." Am Sonnabend wollten Tausende von sonnenhungrigen Urlaubern allerdings nur eines, und das war kaum zu finden: Ein Taxi zum Hotel.

Am Taxistand vor dem Flughafen des Mallorca-Airports Son San Juan bildeten sich Warteschlangen von über einem Kilometer Länge. Familien, viele mit kleinen Kindern, mussten stundenlang bei 30 Grad in der Sonne ausharren, bis sie endlich einen Wagen ergattern konnten. Rot-Kreuz-Mitarbeiter verteilten Wasserflaschen und Proviantpakete. Auf Ibiza baute die spanische Armee große Zeltplanen auf, um den Wartenden wenigstens ein bisschen Schatten zu spenden und um ihre Versorgung zu erleichtern. Animateure versuchten, die Menge mit Spielen und Clownerien aufzuheitern - mit höchst begrenztem Erfolg.

Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Busfahrer-Streiks auf den Balearen hat sich indes zerschlagen. Die Busfahrer lehnten am Sonnabend in Palma de Mallorca ein Übereinkommen ab, das die Arbeitgeber und die Gewerkschaften zuvor ausgehandelt hatten. Die Arbeitgeber hatten den Busfahrern 16,6 Prozent mehr Lohn verteilt über drei Jahre angeboten. Dieses Angebot lag nur knapp unter der Gewerkschaftsforderung von 17 Prozent.

"Es ist furchtbar, seine Ferien so zu beginnen", stöhnt Peter, der mit Tausenden anderen in der Riesenschlange schmorte. "Ich fühle mich echt bestraft." Der erste Ferientag sei vermiest und die gute Stimmung vorläufig dahin. Auch die hunderte von Helfern der Reisebranche, denen es am Vortag noch einigermaßen gelungen war, den Transfer der Feriengäste mit den Droschken zu organisieren, mussten am Samstagmittag vor dem Chaos kapitulieren. Die Reisenden wurden aufgefordert, sich in "Eigenregie ein Taxi oder ein Mietwagen zu besorgen".

Touristen werden aggressiv

Ein praktisch hoffnungsloses Unterfangen, denn nachdem die meisten Taxifahrer am Freitag 24 Stunden ohne Pause Dienst gemacht hatten, mußten viele am Sonnabend dann erstmal ein paar Stunden schlafen. Es gab also nicht mehr, sondern weniger Transportmöglichkeiten als am Vortag. Und das an einem Tag, an dem rund 130 000 Passagiere auf dem Mallorca-Flughafen abgefertigt wurden. Am Freitag waren es nur 80 000. Insgesamt wurden an diesem Wochenende auf den drei Balearen-Flughäfen mehr als 3000 Flugzeuge mit über 500 000 Passagieren erwartet.

Mit dem zunehmenden Chaos stiegen auch die Spannungen. Die Ferienlaune schlug bei manchen Urlaubern in Aggression um: "Das lassen wir uns nicht gefallen", riefen die Menschen. Oder: "Wir wollen unser Geld zurück." Auch die Streikposten der Busfahrer wurden nervös. Mehrmals versuchten sie am Freitag und auch am Samstag die Zufahrten zum Flughafen zu blockieren. Auch wurden Reiseleiter, die Urlauber im Privatwagen oder in Mietfahrzeugen transportierten, beschimpft, bedroht und in einigen Fällen sogar zum Aussteigen gezwungen. Einige Autoscheiben gingen zu Bruch. Dass es vor dem Airport nicht zu Schlägereien kam, war wohl nur der massiven Präsenz der Polizei zu verdanken.

In der Nacht bot der Flughafen ein surreales Bild. Wo sonst gähnende Lehre herrscht, zogen Reisende mit Luftmatratzen unter dem Arm auf der Suche nach einer Schlafstelle durch das Terminal. Aus Furcht, am nächsten Tag kein Taxi zu finden, übernachteten sie im Airport. Einige richteten sich vor den Schaltern häuslich ein. "Hier ist das Schlafzimmer", scherzt Bernd aus Berlin.

Ralph Schulze

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false