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Homeoffice ist sehr verbreitet seit Beginn der Pandemie.

© dpa

Mehr Rechte im Homeoffice: Portugal ist das Paradies der Telearbeit

Portugal hat ein umfassendes Gesetz für das Homeoffice eingeführt, das Arbeitnehmern besser schützt. Die Arbeitgeber sind unzufrieden.

Die Arbeit im Homeoffice, die sich in Corona-Zeiten stark ausbreitete, hat viele Vorteile. Und sie wird von immer mehr Arbeitnehmern für die Zeit nach der Pandemie gewünscht. Aber sie bringt für manche Telearbeiter auch ein paar Nebenwirkungen mit sich, die den Heimarbeitsalltag trüben können.

Portugal, das in Sachen Digitalisierung zu Europas Vorreitern gehört und als Paradies für Telearbeiter gilt, hat das Problem erkannt. Gerade trat in dem südeuropäischen Land ein weitreichendes Gesetz in Kraft, das die Rechte der Homeoffice-Arbeiter stärkt und die Unternehmen in die Pflicht nimmt.

So räumt der neue Homeoffice-Erlass allen Büroangestellten mit Kindern bis zu acht Jahren die Möglichkeit ein, von zu Hause aus zu arbeiten. Der Arbeitgeber darf dies nicht ablehnen, soweit die Telearbeit technisch und organisatorisch möglich ist. Extrakosten für Computer, Internet und Strom müssen vom Betrieb übernommen werden.

Das Recht auf Heimarbeit gilt allerdings nur, wenn das Unternehmen mindestens zehn Mitarbeiter hat. Teil der Reform ist auch ein Verbot, die Angestellten außerhalb der Arbeitszeiten mit Anrufen, Emails und Kurznachrichten per Whatsapp oder Telegram zu kontaktieren. Bei Verstößen gegen das „Recht auf Ruhe“, wie es portugiesische Medien nennen, drohen empfindliche Geldstrafen.

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Das neue Kontaktverbot schützt übrigens künftig nicht nur Heimarbeiter vor übereifrigen Vorgesetzten, sondern alle Arbeitnehmer in Portugal – unabhängig davon, ob sie zu Hause oder im Unternehmen arbeiten. Ausnahmen gelten nur im Falle „höherer Gewalt“ wie es etwas schwammig im Gesetz heißt.

Reformen waren notwendig

Zur höheren Gewalt dürfe aber nicht zählen, dass der Chef am Wochenende die Angestellten zur Erledigung einer Aufgabe anhält, stellten portugiesische Juristen umgehend klar. Sondern darunter seien „nicht vorhersehbare Ereignisse im Betrieb“ zu verstehen, über welche die Mitarbeiter informiert werden müssten. Etwa schwere Betriebsstörungen durch Unfälle, Brände oder Streiks. Es sei an der Zeit, dem Missbrauch im Arbeitsleben Grenzen zu setzen, sagte Portugals sozialistische Ministerin für Beschäftigung, Ana Mendes Godinho.

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Die Notwendigkeit zu Reformen habe sich in den letzten Monaten vor allem in der Heimarbeit gezeigt, die vielerorts eingeführt worden sei. Das Gesetz habe vor allem ein Ziel: „Wir wollen die Vorteile des Homeoffices nutzen und die Nachteile beseitigen.“

Bis zum vergangenen Sommer war das Homeoffice für Portugals Büroarbeiter sogar Pflicht, um das Corona-Risiko in den Betrieben zu reduzieren. Dank einer rekordverdächtigen nationalen Impfquote von 88 Prozent ist die Zahl der Ansteckungen in Portugal inzwischen stark gesunken und die Telearbeit wird von der Regierung nur noch empfohlen.

Zum neuen Arbeitsrecht gehören noch ein paar weitere Dinge, die das Privatleben der zu Hause sitzenden Telearbeiter schützen sollen. So wird zum Beispiel auch jede Form der Überwachung des Heimbüros untersagt, etwa durch Kameras oder andere elektronische Mittel. Das Gesetz war mit den Stimmen der regierenden Sozialisten, die eine sozialdemokratische Linie verfolgen, verabschiedet worden. Zwei kleine Linksparteien hatten sich enthalten. Die konservative Opposition, welche die Arbeitgeber auf ihrer Seite hatte, stimmte dagegen.

Die Reform war übrigens einer der letzten Beschlüsse des portugiesischen Parlaments, das in den nächsten Tagen aufgelöst wird. Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa hat Neuwahlen für Ende Januar angekündigt, nachdem der Haushalt der sozialistischen Minderheitsregierung von Premier António Costa keine Mehrheit im Abgeordnetenhaus gefunden hatte.

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