
© Sascha Thelen/dpa
Zwei Verletzte bei erneuter Explosion in Köln: Polizei geht nicht von Zusammenhang mit früheren Detonationen aus
Mitten in der Nacht schreckt ein lauter Knall Menschen im Norden von Köln auf. In einem Wohnhaus brennt das Erdgeschoss aus. Die Polizei fahndet weiter nach Verdächtigen.
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Die Serie von Explosionen in Köln und Umgebung reißt nicht ab. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft in der nordrhein-westfälischen Stadt mitteilten, kam es in der Nacht zum Mittwoch zu einer Detonation in einem Café im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses. Das Lokal ging danach in Flammen auf, Fenster und Türen wurden zerstört.
Die Ermittler sehen nach wie vor keinen Zusammenhang zu der Explosionsserie der vergangenen Wochen. Der Hintergrund für die jüngste Tat vom Mittwoch liege wohl eher im privaten Bereich, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Augenzeugen beobachten demnach zwei vom Tatort flüchtende Verdächtige, von denen sich einer am Mittwoch nach Angaben der Ermittler in Begleitung eines Rechtsanwalts der Polizei stellte. Allerdings bestritt er demnach später die Tat und kam wieder auf freien Fuß.
Auch in seiner Wohnung wurden keine Beweismittel gefunden, „die den für einen Haftbefehl erforderlichen dringenden Tatverdacht untermauern würden“, wie die Ermittler erklärten. Auch „hinsichtlich der Tatbegehung und des Adressatenkreises“ gebe es keinen erkennbaren Zusammenhang zu den anderen Explosionen. Die Ermittlungen gegen den Mann, der aus dem familiären Umfeld des Cafébetreibers stammt, dauerten aber weiter an.
Zudem werde nach einem mutmaßlichen zweiten Verdächtigen gefahndet. Bei der Suche nach ihm hatten Polizisten ohne Erfolg eine Kleingartenanlage durchkämmt.
Die Feuerwehr hat nach der Explosion in einem Kölner Café etwa 20 Menschen aus ihren Wohnungen in Sicherheit gebracht. Als die Rettungskräfte eintrafen, stand das Lokal in Vollbrand, wie ein Sprecher der Feuerwehr Köln sagte.
Ungefähr nach einer Stunde, gegen 4 Uhr, war das Feuer demnach gelöscht. Im Anschluss konnten die Bewohner in ihre Wohnungen im Stadtteil Pesch im Norden von Köln zurückkehren.
Anwohner hatten in der Nacht um kurz vor 3 Uhr von einem lauten Knall berichtet. Kurz danach brannte das Café, Scheiben waren zersplittert. Bislang gebe es noch keine Hinweise auf eine vorsätzlich herbeigeführte Explosion, sagte ein Polizeisprecher.
Cafe-Besitzer offenbar im Urlaub
Zwei Bewohner des mehrstöckigen Mehrfamilienhauses wurden laut Polizeiangaben leicht verletzt und mit Verdacht auf eine Rauchgasvergiftung vor Ort behandelt. Im Anschluss wurden sie von den Rettungskräften wieder entlassen. Durch die Explosion selbst wurde niemand verletzt.
Während der Löscharbeiten wurde das Gebäude evakuiert, im Anschluss konnten die Bewohner in ihre Wohnungen zurückkehren. Das Haus befindet sich Polizeiangaben zufolge im Stadtteil Pesch im Norden von Köln.
Der Tatort wurde mit rot-weißem Flatterband abgesperrt, die Ermittler sicherten Spuren. Das Café habe erst vor ein paar Monaten eröffnet, die Besitzer seien derzeit im Urlaub, so schilderte es die Mitarbeiterin einer nah gelegenen Bäckerei. Inwieweit auch andere Geschäfte und Wohnungen in dem Haus beschädigt wurden, ist der Polizei zufolge nicht bekannt. Die Ermittlungen dauern an, die Polizei sucht nach Zeugen.
„Beispiellose Fälle der Gewalt und Schwerkriminalität“
Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln zurzeit zu einer Serie von Sprengungen, die Köln zuletzt erschütterten. So hatte es in der vergangenen Woche innerhalb weniger Tage zwei Explosionen in der Innenstadt gegeben. Eine ereignete sich vor einem Modeladen in der Ehrenstraße, Zeugen sahen einen etwa 1,80 Meter großen Mann davonlaufen.
Ein weiterer Brandsatz explodierte am Hohenzollernring vor einer Diskothek. Auch am Wochenende war es in Köln und Umgebung zu mehreren Vorfällen gekommen. Auch in Bonn kam es erst am vergangenen Sonntag zu einer Explosion.
Ob die jüngste Explosion in Verbindungen zu der Serie steht, ist laut dem Polizeisprecher bislang unklar. Nach Angaben von Zeugen wurden zwei unbekannte Personen gesehen, die weggelaufen sind.
„Wir stehen hier als Polizei Köln aktuell vor großen Herausforderungen durch beispiellose Fälle der Gewalt und Schwerkriminalität, die es bis dato in Köln so noch nicht gegeben hat“, sagte der Chef der Kölner Kriminalpolizei, Michael Esser, in der vergangenen Woche. Mehr als 60 Ermittlerinnen und Ermittler bearbeiteten den Komplex.
Zusammenhang zu verschwundenen Drogen möglich
Eine Verbindung zu den vorangegangenen Explosionen mit mutmaßlich kriminellem Hintergrund im Raum Köln in den jüngeren Vergangenheit gebe es nach bisherigem Stand der Ermittlungen nicht, betonten Polizei und Staatsanwaltschaft.
In der vergangenen Woche waren in Köln und Umgebung mehrere Sprengstoff- und Brandanschläge auf Gebäude und Autos verübt worden. Hinter diesen Taten vermuten die Sicherheitsbehörden Mitglieder der marokkanisch-niederländischen Mafia. Einige Medien sprechen im Kontext der Taten von der „Mocro-Mafia“.
Hintergrund der Taten sind demnach Auseinandersetzungen unter Banden. „Es gibt offensichtlich im Milieu offene Rechnungen, die noch beglichen werden“, sagte Esser. Eine dieser offenen Rechnungen bezieht sich nach Einschätzung des Oberstaatsanwalts Ulrich Bremer von vergangener Woche auf das Verschwinden von schätzungsweise 300 Kilogramm Cannabis.
Die Gruppierung, die um diese Drogen geprellt worden sei, versuche nun, das Cannabis zurückzubekommen oder Schadenersatz zu erhalten. In diesem Kontext seien auch zwei Geiselnahmen von Ende Juni/Anfang Juli in Hürth bei Köln und im Kölner Stadtteil Rodenkirchen zu sehen. (AFP,dpa)
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