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© privat

Wir müssen REDEN (4): Mieser Herbst-Blues

Wie vergraulst du Menschen? Das fragte Ric Graf vergangenen Freitag. Heute antwortet ihm Elena Senft

Es war Herbst, wir hatten uns gerade kennengelernt, und er war der Richtige, da war ich mir sicher: Ich hatte keine Lust mehr auszugehen, wollte sonntags keinen Kater mehr haben, mir nicht mehr die Nächte um die Ohren schlagen. Stattdessen wollte ich Gesichtsmasken machen, Herbstsuppen kochen, auf den Winter warten und mit ihm zusammen sein. Am liebsten für immer. Er wollte das Gleiche, aber das glaubte ich ihm nicht. Wie das ja nun mal so ist, wenn man sich wirklich verliebt hat und der festen Überzeugung ist, der andere könne niemals in der Lage sein, das Gleiche zu empfinden, weil er dafür viel zu toll ist.

Ich dachte, ich wollte es mehr als er und habe mich daher daneben benommen, um die Aufrichtigkeit seiner Gefühle und sein Durchhaltevermögen zu testen, um im Falle des Scheiterns ja nicht den Kürzeren zu ziehen und ihm ja nicht das Gefühl zu geben, etwas Besonderes zu sein. Dafür aber das Gefühl, es mit einem wirklich wilden, verruchten Vamp zu tun zu haben. Einer Person, der alles zuzutrauen ist, die sich vor Verehrern und eindeutigen Angeboten gar nicht retten kann und will. Die meisten Verehrer und Angebote stimmten gar nicht.

Ich flirtete auf Partys, erzählte von Verflossenen und Zukünftigen und tat so, als sei er nur eine Affäre. Mein Verhalten sollte ihn eifersüchtig machen, seinen Jagdtrieb erhöhen, ihm vor Augen führen, wie attraktiv und liebenswert ich bin, und das nur, weil ich mir auf einmal, wo es mir so ernst war, gar nicht mehr sicher war, ob das wirklich stimmt. Eine sehr traurige Strategie und dann auch noch eine, die er im Gegensatz zu mir gar nicht mehr nötig hatte.

Irgendwann hat er am Telefon gesagt, er wolle keine Beziehung mehr mit mir führen. Ihm sei die Lust vergangen, weil ich unschlüssig und unreif sei, weil mein seltsamer, ausschweifender Lebenswandel mit seinem Bedürfnis nach Gesichtsmasken und Herbstsuppen nicht kompatibel sei. Auf so etwas hätte er einfach keine Lust. Erst in diesem Telefonat traute ich mich, die Wahrheit zu sagen. Zu sagen, dass ich auch die Herbstsuppe will. Er sagte: „Auf die neue Taktik hab ich jetzt echt keinen Bock.“ Und auch das hatte er ernst gemeint. Er blieb dabei.

Ric, wie sieht denn deine Telefontaktik aus?



Nächste Woche antwortet an dieser Stelle Ric Graf. Mit ihm wechselt sich Elena Senft ab. Und was denkt ihr zu den Problemen der beiden? Diskutiert online fleißig mit:

www.tagesspiegel.de/werbinich

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