Panorama: Ordnung und Chaos: Praxis: Wie Mütter verblöden
É Man kann sich daran gewöhnen, in einer ungeputzten Wohnung zu leben. Manchmal gerät man in Panik und denkt, jetzt wächst es mir über den Kopf, aber solange man halbwegs den Überblick hat, ist es nicht wirklich gefährlich.
É Man kann sich daran gewöhnen, in einer ungeputzten Wohnung zu leben. Manchmal gerät man in Panik und denkt, jetzt wächst es mir über den Kopf, aber solange man halbwegs den Überblick hat, ist es nicht wirklich gefährlich. Man gerät auch in Panik, wenn man anfängt zu putzen und aufzuräumen, weil man denkt, dass es reine Vergeudung von Zeit und Lebenskraft ist. In der Zeit liest Du zwei bis drei Bücher oder sitzt in der Küche und denkst, und also ist Putzen und Aufräumen nicht einfach Zeitvergeudung, sondern die reinste Verblödung. Ist es.
(É) So ein Kind kommt aber dann und dann auf die Welt, und plötzlich heißt es, bis April muss hier dringend geputzt sein, höflichkeitshalber, und so ungefähr fängt das Muttersein an, die Verblödung, dass Du dein Leben wegputzt, Eimer für Eimer, aufräumst, wegschmeißt, diese Spurenbeseitigung ist keine Frage von Stunden, sondern, wenn man mal damit anfängt, wird ein Lebensprojekt daraus, ein Projekt zur Lebensvernichtung, es hat mich etwas entmutigt. Meine Mutter hat eine Technik, sie sagt, es geht einfacher, wenn man es einmal die Woche macht, aber ich habe gefunden, das ist genau, was man tun muss, um todsicher zu verblöden.
Aus: Birgit Vanderbeke. Gut genug. Fischer Taschen