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Panorama: "Phantastische Reisen": Der Kopf ist mein Fesselballon

Reiseberichte finden meist das immergleiche Publikum: Menschen, die sich über eine bestimmte Region unserer Erde ein Bild machen wollen, weil sie planen, selbst dorthin zu reisen, oder Leser, die sich an den oft auch gefährlichen Abenteuern anderer Reisender gemütlich im Sessel sitzend ergötzen. Was da möglicherweise um der spannenden Lektüre willen phantasievoll hinzu erfunden wurde, lässt sich beim Lesen oft nicht mehr erkennen.

Reiseberichte finden meist das immergleiche Publikum: Menschen, die sich über eine bestimmte Region unserer Erde ein Bild machen wollen, weil sie planen, selbst dorthin zu reisen, oder Leser, die sich an den oft auch gefährlichen Abenteuern anderer Reisender gemütlich im Sessel sitzend ergötzen. Was da möglicherweise um der spannenden Lektüre willen phantasievoll hinzu erfunden wurde, lässt sich beim Lesen oft nicht mehr erkennen. Anders ist es bei den "Phantastischen Reisen" von François Place, die nun erstmals in einer gesammelten Edition aller drei Bände bei Bertelsmann erschienen sind: Da geht es "Vom Land der Amazonen zu den Indigo-Inseln", "Vom Jadeland zur Quinookta-Insel" und "Vom Roten Fluss zum Land der Zizotls". Place geht streng alphabetisch vor und stellt jedem seiner 26 Reiseabenteuer eine kleine Karte voran, die jeweils den Anfangsbuchstaben des Landes mit aufnimmt.

Wie der übergreifende Titel sagt, sind es phantastische Reisen, entstanden im Kopf des Autors, und in einem wundersamen Reiseführer in Geschichten und Bilder gefasst. Diese Bilder sind es, die neben den detailreichen Berichten den Reiz ausmachen: Die Farben und die Stimmungen wechseln, ohne dass die Bilder aufdringlich wirken. Und tauchen in den wahren Reiseberichten immer wieder erfundene Anekdoten auf, so findet man in den "Phantastischen Reisen" immer wieder Hinweise auf die Realität - Places Bilder zeigen wiederholt Ansichten, wie man sie auf unserer Erde tatsächlich antrifft. So ist die Atmosphäre einer chinesischen Gebirgslandschaft ebenso eingefangen wie die trockene Leere der Wüste.

Ob man den Hofastrologen im Jadeland auf der Suche nach dem Geheimnis des Wetters folgt, oder mit dem Reitervolk in Korakar das Fest der Tausend Weißen Stuten feiert, die selbst geschaffene Welt von François Place hat eine durchdachte Geographie und eine ganz eigene Mystik. Da wird von Legenden berichtet, an welche die Bewohner des Mandragora-Massivs glauben, von Gefängnissen, die aus in der Spitze eines Baumstammes angebrachten Käfigen bestehen, von idyllischen Landschaften und kriegerischen Völkern.

Höchst spannend werden in dieser Mischung aus Atlas, Reisebericht und Abenteuergeschichte die Eigenarten der jeweiligen Kultur gezeichnet und erklärt. Sowohl der Text als auch die Bilder sind mit witzigen, informativen und überraschenden Einzelheiten gespickt, die zum ausführlichen Schmökern und intensiven Betrachten einladen.

Aufmerksamen Lesern abenteuerlicher Reiseberichte fällt auf, dass Place die Klassiker der phantastischen Reiseliteratur offensichtlich gründlich studiert hat: Reminiszenzen an Gullivers Reisen sind ebenso zu finden wie an die "Meuterei auf der Bounty", Amazonen und klassische Reitervölker tauchen auf. Was den besonderen Reiz an Places Bänden ausmacht, ist die breite Leserschaft, für die seine Bücher geeignet sind: Kinder ab etwa acht Jahren mit Interesse an abenteuerlichen Geschichten lassen sich von den bibliophil gemachten Büchern ebenso in Bann ziehen wie Erwachsene, welche diese Art von Geschichten lieben. In Bildern und Sprache gelingt dem Autor der Spagat zwischen den Bedürfnissen beider Altersgruppen, ohne gewollt oder gar verkrampft zu wirken. Das sind Bücher, die man mit Freuden liest und die jede Bibliothek zieren.

Simone Leinkauf

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