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Scotland-Yard-Chef Mark Rowley hat offenbar Probleme mit seiner Behörde.

© Imago/Zuma Wire/Tayfun Salci

Schlampige Ermittlungen: Scotland Yard übersieht womöglich Serienmörder

Ein Untersuchungsbericht kritisiert die Arbeitsweise der Metropolitan Police in London – und befeuert einen ungeheuren Verdacht.

Jeden Tag wird die Polizei in London wegen 30 unerwarteter Todesfälle gerufen. Davon würden aber nur zwei bis drei pro Woche als Tötungsdelikte eingestuft. Ein Untersuchungsbericht zur Arbeit der Metropolitan Police, der am Donnerstagabend vorgestellt wurde, legt jetzt den Schluss nahe, dass der Polizei in der britischen Hauptstadt womöglich komplette Mordserie entgehen, weil Todesfälle nicht ordentlich untersucht werden.

Die Inspektoren der Aufsichtsbehörde HMICFRS (His Majesty's Inspectorate of Constabulary and Fire & Rescue Services) bescheinigten der auch als Scotland Yard bezeichneten Polizeibehörde, noch immer nicht aus Fehlern gelernt zu haben, die 2014 und 2015 zum wohl vermeidbaren Tod von drei jungen Männern führten.

Ein Serienkiller hatte damals vier Opfer in kurzem Abstand mit K.o.-Tropfen vergiftet und die leblosen Körper nahe seiner Wohnung im Ost-Londoner Stadtteil Barking abgelegt. Die Polizei erkannte jedoch zunächst keinen Zusammenhang zwischen den Todesfällen. Später stellte eine Untersuchung fest, dass er bereits nach dem ersten Mord hätte überführt werden können, hätte die Polizei ihre Arbeit ordentlich gemacht.

Es scheint mir wahrscheinlich, wenn nicht sicher, dass unter den Todesfällen, die nicht als Tötungsdelikt eingestuft werden, einige sind.

Matt Parr, Inspektor der Aufsichtsbehörde HMICFRS 

„Die Met (Metropolitan Police) hat nicht genug gelernt aus ihren Fehlern von vor acht Jahren und ganz klar, was damals geschehen ist, könnte wieder passieren“, sagte Inspector of Constabulary Matt Parr, der die Untersuchung leitete, der Nachrichtenagentur PA. Einige Ermittler sollen sogar offen zugegeben haben, Gemeinsamkeiten zwischen ungeklärten Todesfällen eher durch Glück zu bemerken, als durch die rigorose Anwendung von Standardverfahren.

Pro Jahr gibt es etwa 10.000 unerwartete Todesfälle. „Es scheint mir wahrscheinlich, wenn nicht sicher, dass unter den Todesfällen, die nicht als Tötungsdelikt eingestuft werden, einige sind“, sagte Parr.

Anfang April war bereits ein Bericht vorgestellt worden, der der Londoner Polizei das verheerende Zeugnis ausstellte, institutionell rassistisch, frauenfeindlich und homophob zu sein.

Bericht nennt Scotland Yard rassistisch, frauenfeindlich und homophob

Gewalt gegen Frauen und Mädchen sei nicht ernst genommen worden, außerdem gebe es weit verbreitetes Mobbing, Sexismus und Diskriminierung in der Behörde.

Scotland-Yard-Chef Mark Rowley hatte damals angekündigt, im Zuge einer weitreichenden Reform der skandalgeplagten Londoner Polizei könnten Dutzende Polizisten aus der Einheit geworfen werden. Er sagte in einem BBC-Interview, dass etwa 100 Polizisten einer genaueren Prüfung unterzogen würden und „möglicherweise die Organisation verlassen müssten“.

Um die Reform voranzutreiben, hat Rowley rund 90 Beamten neue Aufgaben zugeteilt: Diese Polizisten, die vormals in der Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus arbeiteten, wurden nun in die Abteilung für professionelle Standards versetzt. Diese Einheit sei außerdem um 150 Arbeitskräfte aufgestockt worden, so Rowley. Es gehe darum, so schnell wie möglich „den Krebs aus dem Körper“ der Metropolitan Police zu entfernen.

Der Bericht war in Auftrag gegeben worden, nachdem im März 2021 ein Polizist die 33-jährige Londonerin Sarah Everard unter Einsatz seines Dienstausweises entführt sowie anschließend vergewaltigt und ermordet hatte. Auch danach kamen Skandale ans Licht. Im Februar wurde ein Beamter zu jahrzehntelanger Haft verurteilt, der fast 20 Jahre lang ein Dutzend Frauen wiederholt vergewaltigt hatte.

Rowley erzählte, auch er selbst sei bei der Durchsicht von Personallisten teils schockiert gewesen, etwa über Fälle von Gewalt und Sexualstraftaten. „Wir haben hier Hunderte Leute, die nicht hier sein sollten“, so der Polizeichef, der die Behörde im vergangenen Jahr übernommen hatte. (dpa)

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