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Tyre Nichols, ein 29-jähriger Schwarzer, der bei einer Verkehrskontrolle angehalten wurde und drei Tage später starb, sitzt an einem Polizeiauto.

© REUTERS/MEMPHIS POLICE DEPARTMENT/Uncredited

Update

Tod von Tyre Nichols: Videos von brutalem Polizeieinsatz in Memphis widersprechen Polizeibericht

Aufnahmen des Vorfalls und die Polizeichefin der US-Stadt widersprechen dem ersten Polizeibericht zu dem Vorfall in Memphis. Weitere Einsatzkräfte wurden suspendiert.

| Update:

Nach dem brutalen Polizeieinsatz gegen einen Schwarzen in der US-Stadt Memphis berichten mehrere US-Medien von deutlichen Unterschieden zwischen dem ersten Polizeibericht und den Videoaufnahmen des Vorfalls. Der Bericht habe dem verstorbenen Tyre Nichols unterstellt, „sich einer rechtmäßigen Festnahme widersetzt“ und Gegenwehr geleistet zu haben, berichtet etwa die „New York Times“.

Die Polizeichefin von Memphis, Cerelyn Davis, widersprach dem Bericht. Videoaufnahmen des Vorfalls würden zeigen, dass die Beamten sich Nichols’ Auto mit gezogenen Waffen genähert haben, während sie ihn bedrohten und beschimpften, bevor sie ihn herauszogen und zu Boden drückten. Zudem sei der Vorwurf einer rücksichtslosen Fahrweise durch Nichols nicht haltbar, heißt es in dem Bericht.

Ein weiterer Bericht der „New York Post“ würde zudem die in dem Bericht aufgestellte Behauptung widerlegen, Tyre Nichols habe sich wiederholt mit den Beamten anlegt und nach der Waffe eines Polizisten gegriffen. Das sei auf den Videoaufnahmen des Polizeieinsatzes nicht zu erkennen, schreibt die Boulevardzeitung.

Unterdessen wurden zwei weitere Polizeibeamte und drei Angestellte der Feuerwehr in Zusammenhang mit dem Vorfall in Memphis suspendiert. Einer der Polizisten sei bereits „zu Beginn der Ermittlungen zum Tod von Tyre Nichols zusammen mit den anderen Beamten“ des Dienstes enthoben worden, erklärte eine Polizeisprecherin am Montag.

Eine Begründung für die Suspendierung nannte die Polizei der Stadt im Bundesstaat Tennessee nicht. Die Zahl der vom Dienst freigestellten Polizisten stieg somit insgesamt auf sieben.

Die Feuerwehr von Memphis gab am Montag (Ortszeit) bekannt, zwei Rettungssanitäter und die Fahrerin eines Rettungswagens entlassen zu haben. Sie hätten das Opfer, den 29 Jahre alten Tyre Nichols, nach der Gewalt durch die Polizei nicht angemessen medizinisch versorgt, teilte die Leiterin der Feuerwehr von Memphis mit.

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Zuerst waren fünf schwarze Polizisten, die direkt an dem Einsatz beteiligt waren, aus dem Dienst entlassen worden. Gegen sie wurde Anklage erhoben. Den fünf Männern wird unter anderem schwere Körperverletzung und Mord zweiten Grades vorgeworfen, in Tennessee entspricht dies einer Zwischenstufe zwischen Mord und Totschlag.

Nichols war am 7. Januar in Memphis im US-Bundesstaat Tennessee bei einer Verkehrskontrolle von den Polizisten brutal zusammengeschlagen worden. Drei Tage später starb er im Krankenhaus an seinen schweren Verletzungen.

Video von Einsatz veröffentlicht

Am Freitag veröffentlichten die Behörden dann Videoaufnahmen des Vorfalls, der in den USA für große Empörung gesorgt hat. Anwälte von Nichols’ Familie erklärten am Montag, der sechste Polizist habe zu Beginn der gewaltsamen Festnahme eine Elektroschockpistole auf den 29-Jährigen abgefeuert.

Demonstrant im kalifornischen Oakland mit einem Schild für den infolge eines brutalen Polizeieinsatzes gestorbenen Tyre Nichols.
Demonstrant im kalifornischen Oakland mit einem Schild für den infolge eines brutalen Polizeieinsatzes gestorbenen Tyre Nichols.

© picture alliance/Anadolu Agency/Tayfun Coskun

Nichols’ Familie äußerte sich „äußerst enttäuscht“ darüber, dass der Beamte, der seit 2018 für die Polizei in Memphis arbeitet, nicht wie die anderen Polizisten entlassen und angeklagt worden sei. „Es stellt sich sicherlich die Frage, warum der in diesen brutalen Angriff verstrickte weiße Polizist abgeschirmt und vom Licht der Öffentlichkeit geschützt wurde, und bis jetzt auch vor ausreichender Disziplinierung und Rechenschaft“, erklärte die Familie.

Der Anwalt des Polizisten erklärte gegenüber der „Washington Post“, der Beamte sei zwar am Ort der ersten Konfrontation zwischen der Polizei und Nichols gewesen, nicht aber an dem Ort, an dem die anderen Beamten den 29-Jährigen kurze Zeit später brutal zusammenschlugen.

Nichols war zunächst an einer Kreuzung gestoppt, aus seinem Auto gezogen und von Polizisten auf den Boden gedrückt worden. Die Beamten setzten dabei auch Pfefferspray und einen sogenannten Taser ein, während sie Nichols mit widersprüchlichen Befehlen offenbar verwirrten.

Nichols befreite sich dann und rannte weg, wurde nach einer kurzen Verfolgungsjagd aber erneut gestoppt und von Polizisten mit Schlägen und Tritten traktiert. Der Fall hat Proteste in den USA ausgelöst und die Debatte über Polizeigewalt gegenüber Afroamerikanern neu angefacht. (Tsp mit dpa, AFP)

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