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"Stressmaschine, besetzt, Game over" in der neuen interaktiven Ausstellung "Alles Familie!" im Hygienemuseum in Dresden.

© dpa

Neue Studie: Überall gehetzte Eltern

Fast zwei Drittel der Mütter und Väter fühlen sich durch eigene und fremde Ansprüche unter Druck gesetzt.

Mehr als die Hälfte der Eltern in Deutschland hat den Eindruck, dass heute die Anforderungen an Väter und Mütter höher sind als vor 30 Jahren. Das geht aus einer repräsentativen Studie für die Zeitschrift „Eltern“ hervor, für die gut 1000 Eltern mit Kindern im Alter bis zu zwölf Jahren befragt wurden. Danach stimmten 59 Prozent der Teilnehmer dieser These zu. Ein Drittel der Befragten ist der Auffassung, dass die Anforderungen heute einfach nur andere sind.

Viele Eltern sagen, dass ihr Alltag durch Eile, Hetze und Zeitdruck geprägt sei. 62 Prozent der Väter und Mütter gaben an, dass diese Aussage auf ihr Leben zutreffe. Finanzielle Sorgen hat nach eigenen Angaben nur ein gutes Drittel der Eltern (37 Prozent). Am meisten fühlen sich Eltern durch ihre eigenen Ansprüche und durch gesellschaftliche Normen unter Druck gesetzt, gefolgt von der Wirtschaft. Ein Großteil der Eltern zweifelt zumindest gelegentlich an sich. Dreiviertel der Frauen (74 Prozent) gaben an, dass sie häufig oder gelegentlich ihre Mutterrolle nicht zufriedenstellend erfüllten, bei den Vätern waren es 65 Prozent.

Experten sehen eine „Dramatisierung des Kinderschicksals“

Für den Soziologen Heinz Bude sind diese Zahlen auch der Beleg für eine „Dramatisierung des Kinderschicksals“ in den vergangenen 30 Jahren. Eltern seien heute besorgter als früher, dass ihre Kinder gut aufwüchsen. „29 Prozent der Eltern fühlen sich alleingelassen mit ihren Bildungsentscheidungen“, sagt Bude. Vom Kindergarten bis zur Uni gebe es kaum noch Ansprechpartner, die einen beruhigen könnten. „Für das Selbstverständnis bedeutet das Stress“, sagt Bude.

Für die Auftraggeber überraschend war, dass viele Eltern ihren Job offenbar nicht als Hauptgrund für Stress oder Zeitnot sehen. So gaben 75 Prozent der erwerbstätigen Eltern an, dass sie mit ihrer derzeitigen Arbeitszeitregelung zufrieden seien. Jeder fünfte Vater allerdings würde gerne weniger Zeit an seinem Arbeitsplatz verbringen.

Die meisten Eltern wollen sich die Erziehung teilen

Die Mehrheit der Eltern strebt heute an, sich die Kindererziehung teilen zu wollen. Drei Viertel der Befragungsteilnehmer (76 Prozent) gaben an, dass beide Elternteile gleichermaßen dafür zuständig seien. In der Realität ergibt sich aber ein anderes Bild. Dabei schätzen beide Geschlechter ihre Rollen unterschiedlich ein: So gaben 63 Prozent der Väter an, sich die Erziehung mit ihrer Partnerin gleichermaßen aufzuteilen. Dem stimmten aber nur 36 Prozent der Mütter zu. 62 Prozent der Frauen waren hingegen der Meinung, dass sie sich hauptverantwortlich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern.

Die Erwartungen an die Familienpolitik sind bei den Befragten offenbar nicht allzu hoch. Mehr als die Hälfte der Eltern gab an, dass die derzeitige Familienpolitik nicht dazu beitrage, den Alltag zu erleichtern. „Am inneren Stress kann die Politik nichts ändern“, kommentiert der Soziologe Bude. Zu ihrer Entlastung wünschen sich Eltern neben mehr finanzieller Unterstützung durch den Staat und flexibleren Zeiten und Orten für berufliche Tätigkeit daher auch vor allem eins: mehr innere Ausgeglichenheit, Lockerheit und Gelassenheit.

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