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In der Nacht des 27. Februar 1933 brannte der Reichstag in Berlin.

© dpa

Neues Dokument zum Reichstagbrand 1933: Waren die Nazis doch die Brandstifter?

Ein neues Dokument deutet auf eine Beteiligung der Nazis am Reichstagsbrand 1933 hin – und entlastet den zum Tode verurteilten Kommunisten van der Lubbe.

Historiker streiten seit langem, wer tatsächlich den Reichstagsbrand von 1933 legte, der den Nazis zum Griff nach der absoluten Macht diente. Eine neu aufgetauchte eidesstattliche Versicherung eines damaligen Mitglieds der Sturmabteilung (SA) der NSDAP deutet nun auf eine Beteiligung der Nationalsozialisten hin – und entlastet den für den Brand zum Tode verurteilten niederländischen Kommunisten Marinus van der Lubbe.

Dem Dokument aus den Archiven des Amtsgerichts Hannover nach, aus dem das Redaktionsnetzwerk Deutschland zitiert, sagte der ehemalige SA-Mann, er habe van der Lubbe, der einen benommenen Eindruck machte, mit einem Auto von einem SA-Lazarett zum Reichstag gefahren. Bei der Ankunft sei aufgefallen, „dass ein eigenartiger Brandgeruch herrschte und dass auch schwache Rauchschwaden durch die Zimmer hindurchzogen“. Später hätten er und Kameraden gegen die Verhaftung van der Lubbes protestiert. „Weil nach unserer Überzeugung van der Lubbe unmöglich der Brandstifter gewesen sein konnte, da ja nach unseren Feststellungen der Reichstag schon in Brand gesetzt sein musste, als wir van der Lubbe dort ablieferten.“

Wegen ihres Protestes seien seine Kameraden und er in Schutzhaft genommen worden „und mussten einen Revers unterschreiben mit dem Inhalt, dass wir von nichts etwas wissen“. Später seien fast alle erschossen worden, die zum engeren Kreis der am Reichstagsbrand beteiligten Personen gehörten. Er selbst sei gewarnt worden und geflüchtet.

Die eidesstattliche Erklärung stammt aus dem Jahr 1955

Die Nazis nutzten den Brand am 27. Februar 1933, um Notverordnungen gegen den „kommunistischen Aufstand“ zu erlassen und die politischen Grundrechte außer Kraft zu setzen. Mit der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes verwandelte sich Deutschland vollends in eine Diktatur. Marinus van der Lubbe, der aussagte, das Feuer im Reichstag mit Kohleanzündern allein gelegt zu haben, wurde im Dezember 1933 vom Leipziger Reichsgericht wegen Hochverrats und Brandstiftung zum Tode verurteilt und später hingerichtet.

Die eidesstattliche Erklärung stammt von Hans-Martin Lennings (1904-1962), der sie 1955 notariell abfassen ließ für den Fall einer damals diskutierten posthumen Wiederaufnahme des Prozesses gegen van der Lubbe. Das Amtsgericht Hannover bestätigte die Authentizität des Dokuments.

Nach dem Krieg blieb bei vielen Deutschen die Überzeugung, die Nazis hätten das Feuer gelegt. Erst Ende der 1950er Jahre gewann die These neue Nahrung, van der Lubbe allein habe den Reichstag angezündet. Der hannoversche Hobbyforscher Fritz Tobias vertrat diese Überzeugung. Der „Spiegel“ startete eine Serie, in der Tobias seine Theorien über Lubbes Alleintäterschaft darlegte. Ausgerechnet im Nachlass von Tobias sei nun laut RND eine Kopie der eidesstattlichen Erklärung des SA-Mannes entdeckt worden. Dieser hat die Erklärung demnach beiseite geschoben, um seine Alleintäter-These aufrecht zu erhalten. (dpa)

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