Panorama: Warum haben die Amerikaner Fenster zum Schieben?
Das Schöne am Winter ist das Auftauen. Wenn die gefrorenen Ohren, Finger und Füße zu kribbeln beginnen und die Wärme einem langsam in den Kopf steigt.
Das Schöne am Winter ist das Auftauen. Wenn die gefrorenen Ohren, Finger und Füße zu kribbeln beginnen und die Wärme einem langsam in den Kopf steigt. Noch schöner ist es, wenn man dann in einem Café mit riesigen Fenstern sitzt, und im Warmen beobachten kann, wie draußen der Schneeregen am Glas herunterläuft.
In immer mehr Berliner Cafés kann man dann sehen, dass seitlich neben den Fenstern an einem Seilzug ein Gewicht hängt, daneben eine Metallschiene, an der der Rahmen hinaufgleitet. „Wie die Fenster in Amerika“, sagte meine Freundin neulich. Die kann man auch nur hochschieben. Aber haben Amerikaner und Engländer so gerne Schiebefenster? Irgendwie sei es schon cooler, sich zum Abschied aus einem halb hochgeschobenen Fenster zu lehnen, als es gleich weit aufzureißen, meinte meine Freundin.
Die Antwort von Harold Hammer-Schenk, Professor für Architekturgeschichte an der Freien Universität in Berlin, fällt etwas nüchterner aus. Bei Schiebefenstern habe man einfach mehr Platz davor. Auch in Deutschland hat man in den 20er Jahren Schiebefenster in die Küchen gebaut, um davor Tische, Töpfe und Pflanzen abstellen zu können. „Ein anderer Grund, wieso man gerade in Amerika zum Schieben tendiert“, sagt Hammer-Schenk, „ist der Wind, der bei höheren Gebäuden gegen die Fenster drückt und Fensterflügel zum Klappern bringt.“ Deswegen nenne man sie auch „Chicagoer Fenster“, nach der Stadt, in der nach dem großen Brand von 1871 ein wahrer Bauboom ausbrach und bis zu 23-stöckige Gebäude in den Himmel gebaut wurden. Warum wir in Deutschland an Dreh- und Kippfenstern festhalten, kann er auch nicht sagen. Der Ursprung der Hochschiebefenster ist umstritten. Am häufigsten liest man, sie seien im späten 17. Jahrhundert in Holland erfunden worden. Auf englischen Internetseiten reklamiert man das Erstrecht der „sash-windows“ allerdings für sich. Sie seien so britisch wie roastbeef, heißt es dort. Der Name selbst weist nach Frankreich. „Sash“ kommt von „chassis“, was auf Französisch Rahmen heißt.
Die Schiebefenster, die in Deutschland zu kaufen sind, seien schon viel weiter entwickelt als die ursprüngliche amerikanische Version, sagt ein Verkäufer von „Adrik Türen und Treppen“. Mit Seilzuggewinde und unterschiedlichen Halte-Positionen. Einziger Nachteil sei das Lüften. Aber für frische Luft gibt’s in Amerika ja die Klimaanlage.
Johanna Lühr