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Alles fließt. Der Straßenbelag hält der Hitzewelle in Indien nicht stand.

© dpa

Hitzewelle in Indien: Wenn der Asphalt schmilzt

Die aktuelle Hitzewelle in Indien hat bereits mindestens 1826 Tote gefordert. Der Klimawandel wird die Lage in einer der heißesten Regionen der Welt in Zukunft wohl noch weiter verschärfen.

Der Fahrtwind in der Autorikscha fühlt sich an, als würde einem ein heißer Fön direkt ins Gesicht blasen. Das Wasser aus den Leitungen ist so warm, dass eine kühle Dusche ein Traum bleibt - wenn überhaupt Wasser kommt, in vielen Vierteln tröpfelt es nur noch aus dem Hahn. Und in der Hauptstadt Delhi schmilzt sogar der Straßenasphalt.

Indien ächzt unter der schlimmsten Hitzewelle seit Jahren. Binnen zehn Tagen starben mindestens 1826 Menschen an Hitzschlag und Dehydrierung. Das ist die höchste Zahl seit 20 Jahren. Die meisten Todesopfer sind Arme, Alte, Kranke und Obdachlose. Bis zu 48 Grad erreichen die Temperaturen in der Spitze, von einer „Killer-Hitzewelle“ sprechen Medien. Besonders schlimm ist die Lage im Südosten des Landes. In den Bundesstaaten Andhra Pradesh und Telangana sollen fast 1700 Menschen der Rekordhitze erlegen sein. Die Hospitäler sind so überlaufen mit Hitzeopfern, dass viele zu dritt in einem Bett liegen. Sie leiden an Kopfschmerzen, Krämpfen, Schwindel und Übelkeit. Die Regierung rät den Menschen, zu Hause zu bleiben. Doch für viele Arme gehen die Ratschläge an der Realität vorbei. Bauarbeitern, bitterarmen Tagelöhnern und Bauern bleibt kaum etwas anders übrig, als in der Gluthitze zu schuften, um ihre Familien zu ernähren.

Schuld an dem extremen Wetter sind heiße Westwinde aus Pakistan und Afghanistan, die neben den Spitzentemperaturen auch Staub und Wüstensand mit sich bringen. In Delhi stieg zugleich die Luftverschmutzung auf alarmierende Werte. Selbst die Nächte bringen kaum Abkühlung. In Städten wie Delhi heizen sich die Mauern der Gebäude auf, zudem blasen Klimaanlagen heiße Luft nach draußen. Die Armen flüchten nachts auf Dächer oder wickeln sich in nasse Laken ein. „Ich mache kaum noch ein Auge zu“, klagt die 28-jährige Priyanka, die mit ihrer Familie in Bhogal, einem Armenviertel Delhis, wohnt. Babys schreien stundenlang, weil die Hitze sie wach hält.

Indien muss immer häufiger mit extremen Hitzewellen rechnen

Indien zählt zu den heißesten Regionen dieser Welt. Experten warnen, der Klimawandel werde die Lage verschärfen. Das Land müsse immer häufiger mit extremen Hitzewellen rechnen. „Die Zahl der Hitzewellen-Tage könnte von fünf auf 30 bis 40 pro Jahr steigen“, sagte Arjuna Srinidhi vom Zentrum für Wissenschaft und Umwelt der Zeitung „The Hindu“.

Verzweifelt wartet das Land auf den Monsun, der Abkühlung und ein Ende des Leids bringt. Über Teilen von Andhra Pradesh und Telangana bildeten sich am Freitag Wolken. Meteorologen hofften auf Schauer. Doch es wird Wochen dauern, bis der Monsun alle Teile des Landes erreicht haben wird.

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