zum Hauptinhalt

Panorama: Zehn Jahre Jugendhaft für Maskenmörder Prozess um Tod Vanessas –

Richter: höhere Strafe unmöglich

„Einen Mord kann man nicht entschuldigen. Eine Entschuldigung ist da wie ein Schlag ins Gesicht.“ Es ist Vanessas Vater Erich Gilg, der das gestern sagt, und er blickt dabei dem Mörder seiner Tochter fest ins Gesicht. Der Kreis schließt sich damit an diesem vierten Verhandlungstag um den grausamen Tod des zwölfjährigen Mädchens aus Gersthofen. Zum Prozessauftakt vergangene Woche hatte der „Maskenmörder“ Michael Weinhold eine Art Versuch unternommen, sich bei den Eltern seines Opfers zu entschuldigen. Dass er die Tat auch wirklich bereut, das nehmen ihm Erich und Romana Gilg heute nicht mehr ab.

Zehn Jahre Freiheitsstrafe verhängt die Jugendkammer des Augsburger Landgerichts gestern gegen Michael Weinhold. Es ist die höchste Strafe, die nach dem Jugendrecht möglich ist. Und Richter Martin Kramer, der mit seiner ruhigen Art viele Emotionen aus diesem Prozess genommen hat, wird deutlich, als er dazu in seiner Urteilsbegründung Stellung nimmt. „Wir haben durchaus Verständnis für die Ängste und Sorgen, dass der Angeklagte bei einer vorzeitigen Entlassung wieder rückfällig werden könnte“, sagt er. „Aber unser Urteil entspricht der Rechts- und Sachlage. Dort waren uns bestimmte Grenzen gesetzt.“ Dies zu ändern, etwa die Höchststrafe im Jugendrecht nach oben zu schrauben, sei Sache der Politik.

Wiederholungsgefahr

Die „Grenzen“ der Jugendkammer hatte gestern auch noch einmal der Gutachter Richard Gruber vor Augen geführt. Als Michael Weinhold Vanessa tötete, war er gerade 19 Jahre und wenige Monate alt. Nicht zuletzt die schwierigen Umstände, unter denen er aufgewachsen war, hätten bei ihm zu „Reifeverzögerungen“ geführt. Ähnlich wie Gruber hatte sich zuvor der Sachverständige Wittenhagen geäußert. Mit Reiferückständen war Weinhold nicht mehr nach dem Erwachsenenstrafrecht zu verurteilen – auch, wenn das im Saal viele gerne gesehen hätten.

Weinhold hat vor fast genau einem Jahr eine Tat begangen, die Staatsanwältin Baur in ihrem Plädoyer gestern „sinnlos, nicht nachvollziehbar, und deshalb so beängstigend“ nennt. Am Abend des Rosenmontags 2002 versuchte Weinhold, eine ihm zufällig entgegenkommende Studentin zu erschrecken. Das misslang, weil sich die junge Frau äußerlich nicht erschrecken ließ. Dann kam er zum Haus von Vanessas Eltern. Er sah die Zwölfjährige und ihren Bruder von einem Fenster aus. Wenig später drang er in die Wohnung ein, schlich sich in Vanessas Zimmer. Dort tötete er das bereits schlafende Kind mit 21 Stichen. Die Richter gehen vom gleichen Motiv aus wie die Staatsanwaltschaft: „Der Angeklagte wollte sich zum Herrn über Leben und Tod aufspielen“, sagt Martin Kramer. Michael Weinhold hinter seiner schusssicheren Glaswand nimmt das Urteil nach außen hin ungerührt entgegen.

Sascha Borowski[Augsburg]

Zur Startseite