
© Hayoung Jeon/dpa
Ableismus in der queeren Szene: Barrieren, Tabus und Unwissen
LGBTIQs mit Behinderung werden häufig doppelt diskriminiert - auch aus der Queer-Community erfahren sie Abwertung.
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Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren sowohl Menschen, die von der Gesellschaft behindert werden, als auch Queers. Doch sind LGBTIQ deshalb automatisch inklusiver? "Leider nicht", sagt Manuel Laufert. Der schwule Rollifahrer arbeitet als Anti-Diskriminierungstrainer in Berlin und kennt beide Szenen. Für ihn steht fest: LGBTIQs mit Behinderung werden doppelt diskriminiert.
"In der queeren Community erfahren wir Diskriminierung aufgrund der Behinderung, in den Szenen der Menschen mit Behinderung aufgrund unserer Sexualität", so Laufert. Während die meisten Menschen mit Behinderung allerdings jemanden kennen würden, der queer ist, würden die meisten Queers keine Menschen mit Behinderung kennen.
Eine Frage der Privilegien
Besonders schlimm sei es auf Datingplattformen wie Grindr. "Dabei haben wir eigentlich so viele Gemeinsamkeiten: Unsere Sexualität wird entweder tabuisiert oder fetischisiert, unser Geschlecht wird uns abgesprochen oder unsere Körper entsprechen nicht der Norm."
"Auch wenn queere Menschen bestimmte Lebenserfahrungen in Bezug auf Diskriminierung teilen, hebt das andere Privilegien nicht auf“, meint Ash. Unter dem Hashtag #Behindernisse hat der*die Aktivist*in auf Twitter andere dazu aufgefordert, von Behinderungen durch die Gesellschaft zu berichten.
Auf Instagram betreibt Ash den Kanal Ashducation und klärt dort unter anderem auch zu Ableismus auf. Ash ist trans, queer und hat mehrere chronische Erkrankungen, unter anderem die schwere neuroimmunologische Erkrankung ME/CFS.
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Ableismus als Machtinstrument
Ein großes Problem in der queeren Szene sei nach wie vor fehlende Barrierefreiheit. "Das Angebot an queeren Räumen ist sowieso schon begrenzt — besonders außerhalb von Großstädten. Wenn die wenigen vorhandenen Räume nicht barrierearm sind, haben viele behinderte Queers überhaupt keine Möglichkeit, sich offline einzubringen."
[Dieser Text ist ein Auszug aus dem Queerspiegel-Newsletter des Tagesspiegel, der zweimal im Monat erscheint - hier geht es zur Anmeldung.]
Mit barrierearmen Zugängen würde sich oft erst auseinandergesetzt werden, wenn eine behinderte Person an einem Veranstaltungsort sei und vor der Barriere stehe oder sitze, so Ash. Viele Veranstaltende würden argumentieren, dass behinderte Menschen bisher nie teilgenommen und kein Interesse daran hätten.
"Das ist ein doppelter Denkfehler“, sagt Ash. Zum einen seien viele Behinderungen für Außenstehende gar nicht erkennbar. "Und zweitens können wir ja nicht vor Ort sein, wenn uns Barrieren in den Weg gelegt werden." Von der queeren Community wünsche sich Ash, "dass alle sich mit Ableismus als Machtinstrument befassen und überlegen, was sie selbst ändern und wo sie etwas bewirken können".
Vanessa Fischer
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