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Reise: Am Boden geblieben

Pleite-Airlines: Passagiere sollen abgesichert werden.

Weil bei Pleiten von Airlines Fluggäste und Reisebüros stets das Nachsehen haben, fordern Experten aus ganz Europa die Einführung einer Kundengeldabsicherung. Die vom Passagier über das Reisebüro geleisteten Zahlungen gehörten auf ein Sperrkonto, sagt beispielsweise Norbert Draskovits, Präsident des Österreichischen Reisebüroverbandes (ÖRV). Das Geld dürfe „erst dann überwiesen werden, wenn der Kunde die Leistung in Anspruch nahm und geflogen ist“.

Doch die Praxis sieht anders aus – wie das Beispiel der im Februar finanziell abgestürzten ungarischen Malev zeigt. Verbraucher und Reisebüros müssen ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter in Budapest gegen Vorauszahlung einer Gebühr geltend machen. „Mit nahezu null Aussicht auf Rückerstattung der Ticketpreise“, wie Draskovits weiß.

Auch in Deutschland wird seit Jahren der Ruf an den Gesetzgeber laut, Verbraucher und Reisebüros – sie verkauften 2011 in der Bundesrepublik Linien-Tickets im Wert von 10,6 Milliarden Euro – besser vor Airline-Crashs zu schützen. Die Linken brachten dazu sogar einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein.

Doch die Fluggesellschaften lehnen eine Konkursversicherung, so wie sie etwa Reiseveranstalter für Kunden zwingend abschließen müssen, weiterhin aus Imagegründen ab. Bereits vor mehr als zehn Jahren brachten sie durch geschickte Lobbyarbeit ein damals europaweit geplantes Pleiteschutzsystem zu Fall – jede Airline sollte pro Passagier 50 Cent in einen Sicherungsfonds zahlen.

Zwar strebt seit mehr als zwei Jahren nun auch das Europaparlament ein Gesetz an, um Opfer insolventer Fluggesellschaften abzufedern. Doch einen Entwurf dazu hat die EU-Kommission noch immer nicht vorgelegt. Ihr stünden mehrere Wege offen, Fluggäste bei Pleiten besser zu schützen – etwa durch eine Pflichtversicherung der Fluglinien, einen Garantiefonds oder eine freiwillige Versicherung, die Airlines ihren Passagieren anbieten.

Dass die bereit sind, dafür sogar selbst in die Tasche zu greifen, zeigt eine soeben von der Guild of European Business Travel Agents (Gebta) veröffentlichte Umfrage: 62 Prozent der Reisenden würden einen Aufpreis von einem Euro pro Ticket akzeptieren, wäre damit ihr Flug abgesichert.

Die in Brüssel ansässige Organisation der Geschäftsreisenanbieter mahnt die Europäische Union an, nun endlich Airlines zur Vorsorge – wie von 86 Prozent der Passagiere gefordert – zu verpflichten. Ein solcher Schritt, sagt Generalsekretär Michel de Blust mit besorgtem Blick auf die Pleitenstatistik, sei „dringend erforderlich“. Insgesamt flogen in den vergangenen zehn Jahren in Europa rund 80 Airlines in den Ruin, darunter Traditionsgesellschaften wie Sabena oder Swissair. Zuletzt gingen – neben der 1946 gegründeten Malev – Spanair und Lufthansa-Partner Cirrus Air die Luft aus. Th. Michael Schweizer, tdt

Th. Michael Schweizer[tdt]

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