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Kreativ. In der Altstadt von Santo Domingo wird Besuchern einiges geboten.

© mauritius images/ Rainer Hackenberg

Dominikanische Republik: Im Rhythmus des Merengue

Die Dominikanische Republik ist bekannt für ihre Resorts an den Küsten. Viel spannender ist eine Fahrt durchs Hinterland – bis nach Santo Domingo.

Wie Maler sortieren die Fischverkäuferinnen ihre Ware. Verlangt ein Kunde nach Roten Schnappern, langen die kräftigen Frauen in einen Topf voller lachsorangefarbener Fische. Will er einen blauen Papageienfisch, greifen sie in den Kübel mit dem Fang, dessen Schuppen so aussehen, als hätte sie das karibische Meer gefärbt. Blau und Rot, sauber getrennt. Es ist neun Uhr morgens auf dem Markt von Santa Barbara auf der Halbinsel Samaná und noch nicht viel los.

Erste Einheimische stehen am Stand mit gebratenen Kochbananen an und schieben sich die warme Köstlichkeit als zweites Frühstück in den Mund. Ein zahnloser Rentner sitzt im Schatten und stanzt mit Nagel und Hammer feine Löcher in ein zylinderartiges Blech. Er fertigt eine Güira, ein Rhythmusinstrument, wie es traditionelle Merengue-Gruppen landauf, landab spielen und das einem auf einer Reise durch die Dominikanische Republik immer wieder begegnet.

Die Bewohner Samanás sind unter sich. Für Touristen ist es viel zu früh. Und viele verbringen ihre Urlaubstage sowieso lieber an den Hotelpools und Bars. Sie verpassen viel.

Auf den Hochplateaus der Berge wachsen sogar Erdbeeren

Die Dominikanische Republik setzt auf Tourismus, aber der soll nicht nur an den Küsten stattfinden. Wer will, kann den Karibikstaat individuell auf gut ausgebauten Straßen entdecken. Fahrten quer übers Land sind komfortabel geworden. Immer wieder ändert sich das Landschaftsbild. Rund um die auf 600 Höhenmeter liegende Stadt Jarabacoa sind die Wiesen saftig, die Täler fruchtbar, die Wälder voller Nadelhölzer.

Hier gedeihen Mandelbäume, auf den Hochplateaus der Berge wachsen sogar Erdbeeren. In engen Kurven schlängeln sich die Straßen in die Dörfer und Städte. „Dominikanische Alpen“ wird dieser Landstrich genannt. Drei Flüsse vereinen sich nahe Jarabacoa, strömen in Canyons wild gurgelnd hinunter oder stürzen sich 25 Meter als Wasserfall herab.

Alles ist hier möglich: Wandern, Reiten, Rafting, Kajakfahren, Jeeptouren. Und durchschnaufen von der tropischen Hitze. Es ist spürbar ein paar Grad kühler als am Meer. Vor allem für die Mittel- und Oberschicht sind die „karibischen Alpen“ ein beliebtes Ausflugsziel. Viele haben hier ein Wochenendhaus. Mit Schornstein. Hier oben wird geheizt.

Viele Haitianer suchen ihr Glück auf der anderen Seite der Grenze

Auch wenn es einige Menschen zu Wohlstand und auch Reichtum gebracht haben, die Dominikanische Republik gilt immer noch als sogenanntes Dritte-Welt-Land. Wenn auch nicht zu vergleichen mit dem schwer gebeutelten Nachbarn Haiti, mit dem sich der Staat die Insel Hispaniola teilt.

Viele Haitianer suchen daher ihr Glück auf der anderen Seite der Grenze, etliche landen auch im Tourismus. So wie Hector Quesante Charles. Der 32-Jährige kommt aus Port au Prince und betreut Gäste auf Ausflugsbooten an der Ostküste zwischen Punta Cana und Bavaro. Schon vor der Erdbebenkatastrophe 2010 kehrte er seiner Heimat den Rücken. Sein Ingenieursstudium konnte er nicht mehr finanzieren.

„Natürlich tut das weh zu sehen“, sagt Hector. „Wir in Haiti haben das doch alles auch, die Palmen und die Strände.“ Doch in einem der ärmsten Länder der Erde wollten die wenigsten Urlaub machen. Hector wird eines Tages zurückkehren, wenn er genügend Geld für die Uni zusammenhat. Dann will er in Haiti Straßen bauen und öffentliche Gebäude.

Sechsspurig führen die Straßen in die Hauptstadt Santo Domingo

Hector Quesante Charles kam aus Haiti in die Dominikanische Republik.
Hector Quesante Charles kam aus Haiti in die Dominikanische Republik.

© Anna Pataczek

Der Weg vom Landesinneren nach Santo Domingo führt geradewegs durch das Herz der Insel. Reisfelder machen sich in der Fläche des Bonao-Tals breit, bis es immer deutlicher wird, dass man sich der Hauptstadt nähert, in der ein Viertel der insgesamt zehn Millionen Dominikaner lebt. Sechsspurig schlagen die Ein- und Ausfallstraßen ihre Schneisen in die City, ein nicht ablassender Strom an Pkw, Lieferwagen und Taxis. Die Fahrer steuern sie mit aller Seelenruhe durch den Verkehr, auf ihrer Heckscheibe klebt oft der Spruch „Confia en Dios“. Gottvertrauen.

Wenn der Verkehr stockt, grätschen Straßenhändler hinein, sie eilen zwischen den Fahrzeugen umher. Die meisten haben keinen festen Job, Unterstützung vom Staat gibt es für sie nicht. Also verkaufen sie alles, von dem sie glauben, dass es ihre Mitmenschen gerade jetzt brauchen können. Obst, Telefonkarten, Handyaufladekabel, Zeitungen, Souvenirs von Baseball-Vereinen, dem Lieblingssport der Insulaner.

Aus den Boxen der Autoradios scheppert Merengue oder Bachata, die Lieblingsmusik der Insulaner. Und einer ihrer wichtigsten Vertreter schwebt riesenhaft über den Straßen. Überdimensionale Plakate mit dem Konterfei von Romeo Santo künden schon Monate im Voraus von einem Konzert im Stadion von Santo Domingo.

Zwar ist der Bachatero in der New Yorker Bronx aufgewachsen, als junger Botschafter karibischer Folklore wird er von seinen Landsleuten jedoch heiß geliebt. Der Musiker mit der hohen Stimme, „The King“, mischt die Bachata mit Pop und R 'n' B. Ihm und seinen Songs auf der Reise über die Insel nicht zu begegnen, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Irgendwo läuft immer ein Santos.

Schon die Kinder tanzen anmutig

Es geht aber auch traditioneller. Mitten auf dem zentralen Platz der Altstadt von Santo Domingo, dem Parque Colon, hat sich ein junges Blasorchester im Halbkreis aufgebaut. Ihre weißen Hemden strahlen, die Blechinstrumente glänzen. Die Güira schlägt den Zwei-Viertel-Takt. Mütter greifen nach den Händchen ihrer Kinder, die schon anmutig die Hüften wiegen wie die Großen, ein Seniorenpaar dreht sich routiniert umeinander, als spiele die Band ihr Lied

Der bronzene Christoph Kolumbus auf einem Sockel in der Mitte des Platzes streckt weisend seine Hand über die schwofende Menge. Am 5. Dezember 1492 entdeckte Kolumbus Hispaniola. Von ihrer Schönheit, so erzählt man sich, soll er sofort angetan gewesen sein. Der Seefahrer schickte seinen Bruder Bartolomeo auf die Antilleninsel, dieser gründete 1496, nur vier Jahre später, am Ufer des Rio Ozama die Siedlung La Nueva Isabela, das heutige Santo Domingo. Es ist somit die älteste Stadt, die von Europäern in der Neuen Welt errichtet wurde.

Tipps für die Dominikanische Republik

ANREISE

Von Berlin-Schönefeld über Köln nach Puerto Plata oder Punta Cana mit Germanwings/Eurowings. Im November ab 690 Euro.

PAUSCHALEN

Große Reiseveranstalter haben nahezu alle die Insel im Programm. Beispiel: Eine Woche im Vier-Sterne Hotel Memories Splash Punta Cana gibt es bei 1-2-FLY mit All-inclusive-Verpflegung und Flug ab 1270 Euro pro Person im Doppelzimmer. Eine Woche im familiär geführten Drei-Sterne-Haus Villa Taina im Surfer-Hotspot Cabarete an der Nordküste bietet Tui mit Frühstück und Flug ab 1173 Euro pro Person im Doppelzimmer an.

LITERATUR

Philipp Lichterbeck: Dominikanische Republik. DuMont direkt, November 2014, 120 Seiten, 9,99 Euro. Kompakt, kompetent und mit viel Insiderwissen

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