
© Thilo Rückeis
Showdown im Streit um antisemitischen Namensgeber: CDU in Berlin-Steglitz will Umbenennung der Treitschkestraße verhindern
Die Partei fordert Anwohner auf, zur heutigen Sitzung des Kulturausschusses zu erscheinen. Dort steuert der Streit um die nach dem Antisemiten Heinrich von Treitschke benannte Straße auf einen Höhepunkt zu.
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Diesen Mittwoch wird sich zeigen, ob es der CDU Steglitz gelingt, die eigentlich längst beschlossene Umbenennung der nach dem Antisemiten Heinrich von Treitschke benannten Straße doch noch zu verhindern. Zu diesem Zweck verschickte die Partei kurz vor Weihnachten Briefe an Anwohner und rief diese auf, zur anstehenden Sitzung des bezirklichen Kulturausschusses zu erscheinen.
Für Empörung sorgte dabei Claudia Wein, die Verfasserin des fraglichen Briefs. Die kirchenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus ließ in ihrem zweiseitigen Schreiben unerwähnt, was dem Historiker, Publizisten und notorischen Antisemiten Heinrich von Treitschke (1834-1896) konkret vorgeworfen wird: nämlich Antisemitismus.
Stattdessen bezeichnete Wein dessen Ansichten und historische Rolle als „umstritten“. Wie Wein auf diese Idee kam, bleibt unklar. Seit mehr als einer Woche beantwortet sie die Anfragen des Tagesspiegels nicht.
Nicht die erste problematische Äußerung
Unterdessen tauchen weitere problematische Aussagen auf. Vor dem Hintergrund des Streits um die Treitschkestraße stellte Claudia Wein bereits im Oktober 2022 einen Antrag in der BVV vor, wonach künftig vor jeder Straßenumbenennung eine schriftliche Befragung der Anwohner erfolgen müsse.
Treitschke erwähnte Wein dort nicht explizit, auch der Begriff Antisemitismus fiel nicht. Stattdessen sprach Claudia Wein lediglich davon, dass „Menschen, die auch gute Züge haben, dennoch in schwierige Dinge geraten“. Die Anfrage des Tagesspiegels, wie diese Aussage in Bezug auf Heinrich von Treitschke zu verstehen sei, beantwortet Claudia Wein ebenfalls nicht.
Noch im Dezember 2024 hielt Torsten Hippe, der Fraktionschef der Steglitzer CDU, in der BVV eine Rede, in der er die Forderung nach einer Umbenennung der Treitschkestraße als „dumpf ideologisch“ bezeichnete. „Das jüdische Leben in Deutschland wird nicht von einem Straßennamen eines vor ungefähr 120 Jahren verstorbenen Historikers bedroht. Das jüdische Leben in Deutschland wird maßgeblich aus der politischen Linken bedroht.“
Auch Stephan Standfuß, der CDU-Kreisvorsitzende von Steglitz-Zehlendorf, hat sich zu Wort gemeldet. Zum Vorwurf einer Antisemitismus-Verharmlosung durch Wein sagt er: „Es scheint sich hier um einen Sturm im Wasserglas zu handeln.“
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