Gesundheit: Anziehende Forschung
Das Berliner Hahn-Meitner-Institut bekommt den stärksten Magneten der Welt
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In Berlin soll eine Forschungsrichtung entstehen, die ihresgleichen sucht. Das Hahn-Meitner-Institut (HMI) soll den weltweit stärksten Hochfeldmagneten bekommen. Sein Magnetfeld wird 25 Tesla betragen und ist damit etwa eine Million Mal so stark wie das Erdmagnetfeld. Eine Aufstockung auf 30 Tesla ist möglich. Eine geschickt angeordnete zusätzliche Spule schirmt das Magnetfeld so sehr ab, dass schon in 15 Metern Entfernung der Effekt nicht mehr messbar ist.
Gebaut wird der zwei Meter dicke, drei Meter hohe und 30 Tonnen schwere Apparat am amerikanischen Nationalen Labor für Hochfeldmagneten (NHMFL) in Tallahassee, Florida. „Diese Apparatur eröffnet uns neue Dimensionen der Materialforschung“, sagte Michael Steiner, wissenschaftlicher Geschäftsführer des HMI, gestern bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages in Berlin. Bis 2011 soll der Supermagnet fertig sein. Dass die Bauzeit fünf Jahre dauert, begründete NHMFL-Direktor Kirby Kemper mit enormen logistischen Problemen. So müsse eine für die Magnetspulen benötigte Legierung aus Niob und Zinn von einer Spezialfirma gefertigt werden. Es werde eine Tonne des Materials benötigt, und allein das dauere ein Jahr. Zudem müsse bei jedem einzelnen Schritt aufwendig getestet werden, ob die Konstruktion ihre wissenschaftlichen Aufgaben erfülle.
Was macht nun den knapp 18 Millionen Euro teuren Apparat so attraktiv, dass das Bundesforschungsministerium 17 Millionen dazu beisteuert? Es ist vor allem die Kombination zwischen Magnetforschung und Neutronenstreuung, die die zur Helmholtz-Gemeinschaft gehörende Großforschungseinrichtung am Wannsee auszeichnet. Der Supermagnet ist so gebaut, das die in den Magneten eingebrachten Proben mit Neutronen beschossen werden können. „So können wir die atomare Struktur etwa von supraleitenden Materialien durchleuchten“, sagt Alan Tennant, Leiter der Abteilung Magnetismus am HMI. Supraleitung ist die Fähigkeit bestimmter Substanzen, Strom ohne Widerstand durchzulassen. Zunächst wurde dies nur bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt realisiert. Nun werden immer mehr Materialien entdeckt, die bei höheren Temperaturen supraleitend sind.
Das verspricht interessante technische Anwendungen. Eine davon ist beim Hochfeldmagneten selbst realisiert. Denn die Niob-Zinn-Legierung ist supraleitend. Da sie Strom nahezu ohne Reibung durchlässt, erwärmt sie sich nicht so sehr, wie es bei Kupfer der Fall ist, von dem beim Hochfeldmagneten nur wenig benötigt wird. „Wir müssen nicht so sehr kühlen und sparen viel Energie“, erklärt HMI-Forscher Peter Smeibidl.
Noch weit von der Anwendung entfernt sind derzeit Ergebnisse, die aus der Quantenphysik kommen. Doch Experte Tennant setzt auch hier auf den Transfer in die Praxis. „Der Hochfeldmagnet ist ein ideales Instrument, um Quanteneffekte zu studieren“, sagt er. Schließlich beruhe Magnetismus selbst auf Quantenphänomenen. So hofft Tennant etwa neue Materialien für magnetische Datenspeicherung zu finden.
Paul janositz
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