Gesundheit: Hörpakete aus dem All
Deutsche Forscher nutzen ausrangierte Satelliten für Radioempfang
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Rauschen, Knistern, Aussetzer. Schon wieder bricht der Empfang zusammen. Dabei hatte man den Sender doch erst vor einer halben Stunde eingestellt. Aber es hilft nichts – soll die Musik weiter wummern, muss man einen neuen Kanal suchen. Auf der Autobahn fahren und Radio hören ist nicht unbedingt ein Vergnügen. Ständig wechseln die „Funkzellen“ und damit die Sender, die sich empfangen lassen. Ganz zu schweigen von Tunneln oder tiefen Tälern: In solchen Funklöchern geben die Lautsprecher meist nur noch ein Krächzen von sich.
Doch damit könnte jetzt Schluss sein. Forscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben eine neue Technik entwickelt, um Radioprogramme über Satelliten zu empfangen. Es gibt zwar bereits Satellitenradios: in den USA nämlich, wo mehr als zehn Millionen Kunden begeistert davon Gebrauch machen. Die Deutschen haben das Konzept aber verbessert.
Die Innovation der DLR-Forscher besteht darin, Nachrichten, Musiktitel oder Interviews unabhängig voneinander senden zu können. Das Radioprogramm wird in einzelne Dateien verpackt und häppchenweise über den Satelliten zum Nutzer geschickt. Das Autoradio empfängt diese Pakete und speichert sie, um sie später abzuspielen. „Dateibasierter Ansatz“ nennt sich das.
Bisherige Radioanbieter senden mittels „streaming“. Das Hörfunkprogramm geht dabei als fortlaufendes Funksignal in die Welt hinaus. Der Empfänger, etwa ein Autoradio, registriert dieses Signal, entschlüsselt es und gibt es mehr oder weniger direkt an die Lautsprecher weiter. Wenn der Empfänger nichts mehr registriert, weil das Funksignal aussetzt, kann er nichts mehr an die Lautsprecher übermitteln, und es herrscht Ruhe (beziehungsweise Rauschen).
„Mit unserem dateibasierten Ansatz passiert das nicht“, sagt Erich Lutz vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. Wenn das Radioprogramm in Form von einzelnen Dateien eintrifft, so Lutz, kann das Empfangsgerät diese Dateien zwischenspeichern und später entscheiden, wann es welche Datei abspielt. „Ihr Autoradio kann mit dieser Technologie eine beliebige Mischung von gespeicherten Musiktiteln und Nachrichten zusammenstellen und diese zu einem beliebigen Zeitpunkt wiedergeben“, erklärt der DLR-Forscher.
Selbst in der Tiefgarage, wo herkömmliche Radios normalerweise streiken, stehen damit Audiobeiträge in bester Klangqualität zur Verfügung. Sobald der Empfang wieder gut ist, kann sich das Gerät neue Datenpakete an Bord holen. Denkbar ist auch ein persönliches Rundfunkprogramm: Das Radio kann etwa die Lieblingsmusik des Nutzers von einer eingelegten CD holen und zwischen den Titeln aktuelle Nachrichten einblenden.
„Für Radiosender ist dieses Konzept ganz neu“, betont Matteo Berioli, der am selben Institut arbeitet wie Lutz. Die DLR-Forscher haben die Technologie bei mehreren Fahrten in Deutschland erfolgreich getestet. Dafür entwickelten sie zusammen mit anderen Forschungsinstituten sowie industriellen Partnern den Prototyp eines solchen Autoradios. Vor kurzem stellten sie das Projekt vor. „Falls eine Firma Interesse hätte, ließe sich aus unserer Entwicklung leicht ein marktfähiges Produkt machen“, sagt Berioli. BMW hätte die Forschung unterstützt und zeige weiter Interesse an dem Projekt.
„Als Sende- und Empfangsstationen für unser neues Satellitenradio eignen sich vor allem ausgediente Fernsehsatelliten“, sagt Lutz. Die künstlichen Himmelskörper haben ihren Treibstoff verbraucht und können daher nicht mehr stabil auf dem ihnen zugewiesenen Bahnpunkt bleiben. Sie wandern im Orbit umher und sind für das Satellitenfernsehen nicht mehr zu gebrauchen. „Für Satellitenradio kann man sie jedoch noch verwenden“, sagt Lutz.
Der Vorteil solcher ausrangierten Trabanten läge darin, dass man für ihre Nutzung relativ geringe Betriebskosten zahlen muss. So lassen sich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Ausgaben für den Radioanbieter sind nicht so hoch – und der Satellitenbetreiber kann an den alten Fluggeräten, die sonst nutzlos in der Erdumlaufbahn verkümmern, noch etwas verdienen.
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