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Nicht mehr als drei Ultraschalluntersuchungen: Kassengutachter warnt vor verbotenem „Babyfernsehen“
Seit 2021 sind medizinisch unnötige Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft nicht mehr erlaubt. Der Chef des Medizinischen Diensts beklagt, dass sie trotzdem noch angeboten werden.
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Der Chef des Medizinischen Dienstes, Stefan Gronemeyer, warnt werdende Eltern vor unnötigen Ultraschalluntersuchungen. „So nett es sein mag, den Nachwuchs in Farbe und 3D zu sehen: Seit 2021 sind medizinisch nicht begründete Ultraschalluntersuchungen des Embryos verboten“, sagte Gronemeyer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Embryo solle schließlich keiner unnötigen Strahlung ausgesetzt werden.
Die Gutachter der Krankenkassen haben seinen Angaben zufolge aber den Eindruck, dass dieses sogenannte Babyfernsehen in Frauenarztpraxen gegen Bezahlung immer noch häufig angeboten wird. „Ich kann nur an die Eltern appellieren, sich darauf nicht einzulassen – im Interesse ihres Kindes“, so der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund.
Bei Beschwerden in der Regel keine Selbstzahlerleistungen nötig
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen während der Schwangerschaft im Regelfall drei Ultraschalluntersuchungen und weitere nur bei einer medizinischen Indikation. Bis Ende 2020 konnten darüber hinaus weitere Untersuchungen als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) selbst bezahlt werden. Seit 2021 sind nicht medizinisch begründete Ultraschalluntersuchungen verboten.
Gronemeyer kritisierte auch, dass Ärzte bestimmte Leistungen auf Selbstzahlerbasis anböten, die eigentlich von den gesetzlichen Kassen übernommen werden. So müsse etwa die Augeninnendruckmessung nur dann selbst bezahlt werden, wenn sie anlasslos vorgenommen werde.
Ärzte verweisen darauf, dass Ultraschall nicht mit Strahlung arbeite und ungefährlich für das Baby sei
„Sobald es aber um die Abklärung von Beschwerden geht, wird die gleiche Untersuchung zur Kassenleistung“, sagte er. „Wir hören von Patientinnen und Patienten immer wieder, dass solche Leistungen auch dann selbst bezahlt werden müssen, wenn konkrete Beschwerden abgeklärt werden.“ Die Patienten sollten in diesem Fall darauf bestehen, dass die Gründe genau erklärt würden.
Am Freitagabend wiesen die Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) in einer gemeinsamen Stellungnahme die Vorwürfe Gronemeyers zurück. Die Aussage, dass Ultraschalluntersuchungen das ungeborene Kind einer „Strahlenbelastung“ aussetzten, sei „fachlich falsch und irreführend“, sagt Ingo Gottschalk, Leiter der DEGUM-Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe. „Ultraschall arbeitet nicht mit Strahlung, sondern mit Schallwellen – er ist das sicherste bildgebende Verfahren überhaupt.“
Trotzdem sei das sogenannte „Babyfernsehen“ – also Ultraschalluntersuchungen ohne medizinische Indikation – seit 2021 zu Recht untersagt und werde von der Fachgesellschaft nicht unterstützt. Aber medizinisch indizierte Ultraschalluntersuchungen seien unverzichtbar für die sichere Betreuung von Schwangeren und ihren ungeborenen Kindern. „Pauschale Warnungen vor Ultraschall verunsichern Schwangere unnötig und schaden dem Vertrauen in eine bewährte, sichere Diagnostik“, so Gottschalk.
Auch der BVF verweist darauf, dass „sinnvolle Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der Schwangerenvorsorge (etwa das Ersttrimesterscreening oder angezeigte Verlaufskontrollen) entscheidend zur individuellen Betreuung von Schwangeren und ihren ungeborenen Kindern“ beitrügen. „Irreführende Kritik an fachärztlichen Leistungen hingegen schädigt das Vertrauensverhältnis nachhaltig und wirkt sich negativ auf die Versorgung der vulnerablen Gruppe der Schwangeren aus“, sagt Klaus Doubek, Präsident des BVF. (dpa, I.B.)
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