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Kolumne – Die gute Frage

© Lisa Rock für den Tagesspiegel

Schiefe Töne: Haben Mädchen einen Stimmbruch?

Das Wachstum des Kehlkopfes in der Pubertät bestimmt den Stimmwechsel. Eine weitere Peinlichkeit dieses Lebensabschnitts.

Eine Kolumne von Claudia Füßler

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Es ist eine Zeit der Peinlichkeiten: Der Körper wächst an den seltsamsten Stellen, im Gesicht wetteifern Pickel um den besten Platz. Die Eltern sind mit ihrem Verhalten ein permanenter Grund zum Fremdschämen und die eigenen Gefühle plötzlich völlig unzuverlässig. Das ganze Leben in der Pubertät ist eine einzige Anstrengung, und dann auch noch das: Die Stimme wird irgendwie wacklig.

Der Stimmbruch – die fachlich korrekte Bezeichnung lautet Stimmwechsel – ist eine deutlich hörbare Veränderung in der mittleren Sprechstimmlage. Das ist der Tonhöhenbereich, in dem man meistens spricht. Bei Jungen sinkt diese um eine Oktave – also acht Tonstufen – ab, wenn sie in die Pubertät kommen. Heißt: Sie verlieren ihre hohe Kinderstimme und bekommen eine tiefe Erwachsenenstimme. Zum Leidwesen vieler Kinderchöre.

Ursache für den Stimmbruch ist eine durch die hormonellen Veränderungen ausgelöste Vergrößerung des Kehlkopfes, vor allem die männlichen Sexualhormone spielen hier eine Rolle.

Bis die „neue“ Stimme ausgereift ist, dauert es einige Monate.

„Es gibt einige Wochen, in denen der Kehlkopf schnell wächst, die dienen sozusagen als Übungsphase“, sagt Bernhard Richter, Leiter des Freiburger Institutes für Musikermedizin. „Da wissen die Jungen noch nicht genau, ob sie mit der oberen oder unteren Stimme sprechen sollen.“ Bis die „neue“ Stimme dann wirklich ausgereift ist, dauert es bei Jungen durchaus einige Monate bis ein, zwei Jahre. In denen kann es vor allem anfangs immer mal wieder zu unerwünschten Kieksern kommen, doch das legt sich.

Bei den Mädchen passiert prinzipiell das Gleiche, sie kommen ebenfalls in den Stimmbruch. Allerdings wächst der Kehlkopf hier – in Zentimetern gesehen – wesentlich weniger als bei den Jungs. Es gilt: je größer der Kehlkopf, desto tiefer die Stimme. Die mittlere Sprechstimmlage senkt sich bei Mädchen entsprechend nur um eine Terz – drei Tonstufen –, sagt Richter. Der Wechsel geht insgesamt deutlich schneller vonstatten als bei Jungs, weil der Kehlkopf zwar weniger, aber schneller wächst. Meist hat sich die Tonhöhe bei Mädchen nach wenigen Wochen neu eingependelt.

Wenn man nicht genau hinhört, kann das dem Laienohr schnell mal entgehen. Fachleute wie Richter hingegen hören auch bei Mädchen genau, ob sie vor oder nach dem Stimmwechsel sind: „Generell kann man anhand der Stimme eines Menschen auf bis zu fünf Jahre genau schätzen, wie alt er ist.“

Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf der Übersichtsseite der Kolumne.

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