Gesundheit: Unis machen dicht
Hochschulen wollen keine zusätzlichen Studenten
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Auf Deutschland rollt eine große Studentenwelle zu – bis zu eine Million mehr Abiturienten drängen in den nächsten Jahren an die Universitäten. Doch offenbar haben viele Hochschulen gar keine Lust, in Zukunft mehr Studierende aufzunehmen. In Nordrhein-Westfalen jedenfalls wollen große und bei Studienanfängern besonders beliebte Universitäten wie Köln und Bonn jetzt erst einmal keine neuen Studienplätze schaffen – obwohl doch eigentlich im Hochschulpakt Bund und Länder bis zu 1,1 Milliarden Euro für zusätzliche Studienplätze ausgegeben wollen.
Die Unis argumentieren, sie seien bereits jetzt zu groß. Mit den zusätzlichen Studierenden würden sich die Studienbedingungen massiv verschlechtern. Denn das zusätzliche Geld aus dem Hochschulpakt könne die Mehrbelastungen nicht annähernd ausgleichen, sagt Axel Freimuth, der Rektor der Universität Köln. „Natürlich sind wir bereit, neue Studierende aufzunehmen – aber nur unter für uns akzeptablen Rahmenbedingungen.“ Die seien derzeit nicht gegeben.
Freimuth stößt sich vor allem an dem Verteilungsschlüssel, den das Wissenschaftsministerium für die Gelder aus dem Hochschulpakt plant. Das Ministerium wolle die Hochschulen für jeden Studienanfänger finanziell belohnen, den sie mehr aufnimmt als im Wintersemester 2005/2006. Zu diesem Zeitpunkt hätten an der Uni Köln allerdings noch sehr viel mehr Studienanfänger begonnen, als eigentlich Plätze vorhanden seien, sagt Freimuth. Die Auslastung habe bei 120 Prozent gelegen.
Im letzten Jahr habe die Uni im Interesse ihrer Studenten beschlossen, die ständige Überbuchung der Studiengänge zu beenden. Sie habe nur so viele Anfänger aufgenommen, wie es auch Plätze gebe. Wenn sie jetzt zusätzliches Geld aus dem Hochschulpakt bekommen wolle, müsse sie zunächst wieder aus eigenen Mitteln die alte Überfüllung herstellen. Eine für Freimuth widersinnige Regelung: „Die Uni Köln steht wegen der schlechten Studienbedingungen immer in der Kritik. Wir haben uns sehr bemüht, das zu verbessern. Jetzt müssten wir das wieder zurückdrehen.“
Die Uni Bonn argumentiert, sie wolle erst die Umstellung der Diplom- und Magisterstudiengänge auf Bachelor und Master beenden und beobachten, wie die neuen Angebote nachgefragt werden. In den Bachelorstudiengängen müsste die Betreuung der Studierenden zudem massiv verbessert werden, da sei es „nicht förderlich, auch noch zusätzliche Studienplätze aufzubauen“, sagt Sprecher Andreas Archut.
Auch aus Münster heißt es, mit dem angebotenen Geld könnten eigentlich keine zusätzlichen Studienplätze bereitgestellt werden. „Gerade für naturwissenschaftliche Studiengänge brauchten wir deutlich höhere Zuschläge“, sagt Sprecher Norbert Frie. Gleichwohl habe man 35 neue Pharmazieplätze in Aussicht gestellt. Die RWTH Aachen will dagegen 150 neue Plätze in den Ingenieurwissenschaften einrichten. Das Wissenschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen erklärte auf Anfrage, es erarbeite mit seinen Hochschulen gerade ein tragfähiges Konzept.
Weitaus positiver sehen die Hochschulrektoren in Rheinland-Pfalz den Hochschulpakt. Alle Universitäten und Fachhochschulen wollten die Chance ergreifen, mit dem frischen Geld neue Schwerpunkte zu setzen, sagt Helmut J. Schmidt, Präsident der TU Kaiserslautern und Vorsitzender der Landespräsidentenkonferenz. So sollten insbesondere die technisch-naturwissenschaftlichen Studienplätze und die Lehrerausbildung aufgestockt werden.
Niedersachsen will derweil den Hochschulen Anreize geben, in die Ingenieurwissenschaften zu investieren: Jeder Studienplatz an den Unis soll mit 10 000 Euro finanziert werden. Für einen Platz in den Naturwissenschaften gibt es 8000 Euro. An den Fachhochschulen will Niedersachsen pro Studienplatz für die Ingenieure 8000 Euro ausgeben. Für die Geistes- und Sozialwissenschaften bleiben dann nur Studienplatzkosten in Höhe von 3000 bis 4000 Euro übrig. Darüber hinaus will Niedersachsen noch besondere Anreize für die Universitäten bieten, um bisher nicht ausgelastete Studiengänge aufzufüllen. tiw/-ry/U.S.
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