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Die weltweit erste Harnblasentransplantation in Kalifornien.

© Nick Carranza, UCLA Health

US-Amerikanern gelingt komplizierter Eingriff: Weltweit erste Blasentransplantation durchgeführt

Die menschliche Blase galt lange als nicht transplantierbar. Doch ein Team aus Kalifornien hat es jetzt geschafft. Kann sich das Verfahren durchsetzen?

Stand:

Die Transplantation von Organen wie Herz, Niere oder Leber ist seit Jahrzehnten etabliert. Bei der Harnblase ist dies noch nicht gelungen – bisher.

Denn nun hat ein Team der Keck School of Medicine der University of Southern California und der University of California die erste menschliche Blasentransplantation durchgeführt.

Der Eingriff erfolgte bereits am 4. Mai, wurde aber erst jetzt durch die Universitäten publik gemacht. Der 41-jährige Patient, bei dem erstmals diese Operation erfolgte, war zuvor sieben Jahre lang dialysepflichtig.

Alle Organe von einem Spender

Bei einer Krebsoperation vor über fünf Jahren verlor er den Großteil seiner Blase, wodurch die verbleibende zu klein war und nicht mehr ihre volle Funktion erfüllen konnte.

„Die Blasentransplantation ist sehr kompliziert“, sagte der deutsche Experte Johannes Huber, Ärztlicher Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Heidelberg, dem „Science Media Center“ zu dem Eingriff. „Die Blase verfügt über mindestens sechs kleine Arterien und der venöse Abstrom erfolgt auch über mehrere Gefäße. Daher ist es nicht so einfach, die Blase anzuschließen.“

Es wird in absehbarer Zeit keine Wartelisten für Harnblasen geben.

Prof. Dr. Johannes Huber, Ärztlicher Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Heidelberg

Dem Patienten aus den USA mussten zudem aufgrund von Nierenkrebs beide Nieren entfernt werden. Um diese Defizite zu beheben, führte das Chirurgie-Team um Inderbir Gill und Nima Nassiri eine kombinierte Nieren- und Blasentransplantation durch. Alle Organe stammten von einem Spender.

Der Eingriff ist bemerkenswert, weil die Blase lange als nicht transplantierbar galt – aus mehreren Gründen: Die Blase liegt tief im Becken, umgeben von komplexen Gefäß- und Nervennetzen. Ein sicherer Zugang und die präzise Rekonstruktion sind technisch äußerst anspruchsvoll.

Deutsche Experten sind skeptisch

Und im Gegensatz zu Organen wie Herz oder Niere ist die Blase nicht überlebensnotwendig. Daher schien der Nutzen einer Transplantation das Risiko einer lebenslangen Immunsuppression lange nicht zu rechtfertigen.

Bislang wird bei einer Blasenentfernung (Zystektomie) häufig Darmgewebe zur Harnableitung verwendet. Diese Methode ist etabliert, birgt jedoch auch langfristige Risiken wie Infektionen.

Deutsche Experten sind skeptisch, ob sich die Blasentransplantation als Verfahren durchsetzen wird.

Gesamtrisiko „erheblich“

„Ich denke, dass derlei Eingriffe eine absolute Nische bleiben werden“, sagte Johannes Huber. „Es wird in absehbarer Zeit keine Wartelisten für Harnblasen geben. Das sehe ich nicht.“

Eine Blasentransplantation würde aus seiner Sicht als einzelne Transplantation keinen Sinn ergeben. „Als kombinierter Eingriff zusammen mit einer Nierentransplantation – so wie jetzt in den USA durchgeführt – wäre das in hochselektionierten Einzelfällen denkbar, aber nicht systematisch.“

Sein Kollege Peter Albers von der Uniklinik Düsseldorf weist außerdem darauf hin, dass das Gesamtrisiko bei gleichzeitiger Blasen- und Nierentransplantation „erheblich“ sei. Man wisse darüber hinaus nicht, wie die Nervenversorgung der transplantierten Harnblase funktioniere. (Tsp)

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