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Gesundheit: Warum es sich im Liegen lauter schnarcht

Kanadische Wissenschaftler glauben, dass eine andere Verteilung der Körperflüssigkeit die Ursache ist

Nicht nur Wasser fließt am liebsten bergab, auch Gewebeflüssigkeiten. Stehen wir, werden unsere Beine dicker. Legen wir uns hin, gelangen Blut und Lymphe in den Oberkörper zurück. Schlafforscher der Universität Toronto, Kanada, vermuten jetzt, dass dieser Prozess bei Schnarchern Atempausen im Schlaf verstärken oder sogar auslösen kann.

Douglas Bradley und Kollegen zogen elf gesunden Testpersonen eine Spezialhose zur Schocktherapie an, die die Beine unter Druck setzte. So simulierten sie jene Druckverhältnisse, die nach längerem Liegen auftreten. Binnen fünf Minuten flossen ungefähr 340 Milliliter Flüssigkeit aus den Beinen in den Oberkörper. Schon diese eher kleine Menge ließ den Hals der Testpersonen deutlich dicker werden und verdoppelte den Luftwiderstand in den Atemwegen. Bei kranken Menschen dürfte aber noch viel mehr Flüssigkeit durch das Gewebe sickern, berichten die Forscher im Fachblatt „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine“.

„Die wahrscheinlichste Erklärung für die Zunahme des Luftwiderstands ist eine Verengung der Atemwege“, meinen die Wissenschaftler. Und die stamme wahrscheinlich von zusätzlicher Lymphflüssigkeit in Gewebe und Schleimhäuten rings um die Luftröhre. Wird es dort aber zu eng, beginnen die Weichteile des Rachens lautstark zu vibrieren, sprich Schnarchgeräusche zu erzeugen. Und im Extremfall verschließen sie sich beim Einatmen wie ein schlapper Fahrradschlauch.

Damit liefern die Forscher nicht nur eine Erklärung, warum viele Menschen nur im Liegen schnarchen. Sie benennen auch einen neuen möglichen Auslöser des obstruktiven Schlafapnoesyndroms. Bei dieser Störung stockt extremen Schnarchern im Schlaf immer wieder für bis zu zwei Minuten der Atem. Blutdruck, Puls und Muskelspannung steigen, der Blutsauerstoffgehalt fällt. Meist wachen die Betroffenen daraufhin auf. Tagsüber sind sie oft übermüdet und können sich kaum konzentrieren. Bislang galten Übergewicht und ein großer Halsumfang, der auf viele, die Luftröhre verengende Fettpolster schließen lässt, als wichtigste Schlafapnoe-Auslöser. Sie verursachen aber gemeinsam nur etwa einen Drittel der Fälle, sagt Douglas Bradley. Jetzt sei es Zeit, bei Schnarchern auf das Wasser in den Beinen zu achten: „Schlafapnoe ist sehr häufig bei Menschen, bei denen sich Flüssigkeit im Gewebe staut, etwa bei Patienten mit Herz- und Nierenschwäche.“ Studien sollen klären, ob eine Entwässerung auch Schlafapnoikern hilft. Bis dahin können Extremschnarcher ihren Oberkörper mit dicken Kissen höher lagern.

Peter Spork

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