
© MUTESOUVENIR/Kai Bienert
Highlight bei Young Euro Classic 2025: Herrn Petrenkos Gespür für Knalleffekte
Betörende Streicher, blitzendes Blech, grandiose Holzbläser: Das European Union Youth Orchestra begeistert im Berliner Konzerthaus bei Young Euro Classic.
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An Abenden wie diesem wird hörbar, wieviel in den vergangenen Jahren für die Verbesserung der Akustik im Konzerthaus am Gendarmenmarkt getan wurde: mit den Schallsegeln unter der Decke, den kaum sichtbaren Plexiglas-Scheiben seitlich der Bühne und vielen weiteren minimalinvasiven und zumeist unsichtbaren Maßnahmen. In berauschender Üppigkeit kann sich am Dienstag beim Gastspiel des European Union Youth Orchestra (EUYO) die Fülle des Wohllauts entfalten.
Die Spitzentalente aus allen Ländern der Europäischen Union, die Jahr für Jahr neu für dieses Projekt-Ensemble zusammengestellt werden, harmonieren diesmal besonders gut miteinander: Da ist die Streichergruppe mit ihrem satt-samtigen, ja geradezu sahnigen Klang, da sind die vier fantastischen Hornistinnen, außerdem sensible, bestens miteinander kommunizierende Holzbläser-Solisten, von denen man als Intendant jede und jeden sofort engagieren würde.

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Allein die Trompeten stechen aus diesem fein austarierten Gesamtklang heraus, allerdings auf die brillante, blitzblanke Art. Und Vasily Petrenko stört sich nicht daran. Denn er ist ein Maestro, der durchaus Sinn für sinfonische Knalleffekte hat. Während sein nicht mit ihm verwandter Namensvetter Kirill Petrenko, aktuell Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, stets danach strebt, in die tiefsten Tiefen der Partituren vorzudringen, ist der vier Jahre jüngere Vasily ein Musiker des Augenblicks.
Er versteht es, unter seinen Mitstreitern Begeisterung zu entfachen für die Werke, die gerade auf ihren Notenpulten liegen. Und er pumpt jede Menge Energie in die Live-Aufführungen. Dabei wird es bei ihm selbst in tumultösen Passagen nie chaotisch, weil er mit Weitblick dirigiert. Ebenso vermag er die Spannung auch dann zu halten, wenn er zwischendurch mal genussvoll „schöne Stellen“ auskostet.
Romantischer Klangrausch
Die jungen Musikerinnen und Musiker des EUYO fühlen sich sicher bei diesem Dirigenten, das spürt man. Und sie trauen sich dadurch selbst mehr zu, wachsen über sich hinaus, bündeln ihre Kräfte für diesen glorious sound, den die Young Euro Classic-Fangemeinde begeistert feiert. Am Ende von Antonin Dvoraks achter Sinfonie ebenso wie nach „The Bamboula“ von Samuel Coleridge-Taylor.
Die 1911 entstandene Tondichtung stammt vom ersten Composer of Colour (er wurde in London geboren, sein Vater stammte aus Sierra Leone), der in Großbritannien Erfolge feiern konnte. Handwerklich ist Coleridge-Taylor ein Meister, ästhetisch aber bleibt er hier noch ein Kopist. In diesem Fall sind die „Pomp and Circumstance“-Märsche des Briten Edward Elgar das Vorbild.
Zwischen den beiden spätromantischen Klangrausch-Werken hat es Pablo Ferrández schwer als Solist in Dmitri Schostakowitschs 1. Cellokonzert. Zumal er sich zusammen mit Vasily Petrenko dafür entschieden hat, das Stück nicht biografisch zu deuten. Wenn aber das Leiden des Individuums im sowjetischen Terrorregime kein Thema ist, wenn diese Musik rein autonom funktionieren soll, wirkt sie schnell extrem herb und hermetisch, ungeachtet der Verve, mit der Pablo Ferrández seine Interpretation angeht.
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