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Tagelang das gleiche Wetter: Im Dauerhoch oder Dauertief

Meteorologe Henning Rust erforscht Blockierungen – ein Wetterphänomen, das sich verändert und bedrohlich werden kann.

Von Raphael Rönn

Auf Wetterkarten bilden sie Kreise oder Ovale; sie tragen Vornamen wie Hans oder Laila: Hoch- und Tiefdruckgebiete bestimmen unser Wetter, während sie über Land und Meer hinwegziehen. Doch ab und zu kommt es vor, dass sich ein Hochdruckgebiet tagelang an einem Ort festsetzt. Dieses Wetterphänomen wird fachsprachlich auch Blockierung genannt, erklärt Henning Rust, Professor für statistische Meteorologie an der Freien Universität Berlin.

Ein Hochdruckgebiet kann dabei nördlich von einem Tiefdruckgebiet ruhen. In anderen Fällen begleiten zwei Tiefdruckgebiete das Dauerhoch und flankieren es südwestlich und südöstlich. Dadurch entsteht auf der Wetterkarte eine Formation, die wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem griechischen Buchstaben „Omega-Lage“ heißt.

Ein Hoch bringt nicht nur Sonnenschein, sondern auch Hitze

Ein derart blockierendes Hoch sorgt über mehrere Tage hinweg für strahlend blauen Himmel und viel Sonnenschein. Die Schönwetter-Tage bergen aber auch Gefahren. „Eine solche Blockade im Sommer kann zu großer Hitze, aber anderswo auch zu Starkregen führen“, sagt Henning Rust. Denn das Risiko für Wetterextreme wächst: Im Sommer verursacht das Hoch hohe Temperaturen, die zu Trockenheit führen und manchmal zu Dürre. Menschen und Tiere leiden dabei unter Hitzestress. Die begleitenden Tiefdruckgebiete hingegen können ergiebigen Regen und heftige Unwetter mit sich bringen. Mögliche Folgen sind Überschwemmungen und Erdrutsche. Ein erschreckendes Beispiel für diesen Wettermechanismus war die Flut-Katastrophe, die im Sommer 2021 unter anderem das Ahrtal verwüstete. Blockierende Hochdruckgebiete im Winter oder Frühjahr dagegen lassen die Temperaturen einbrechen. Kältewellen können etwa für Obdachlose zur Gefahr werden. Auch empfindliche Pflanzentriebe und Knospen erfrieren bei einem starken Kälteeinbruch im Frühling. Aber nicht alle Wetterextreme hängen mit Blockierungen zusammen. Die typischen Winterstürme zum Beispiel hängen mit wandernden Tiefdruckgebieten zusammen – ganz im Gegensatz zu blockierten Wetterlagen.

Der Jetstream ist ein wichtiger Player im Wetter-Ensemble

Wie es dazu kommt, dass ein Hochdruckgebiet an Ort und Stelle bleibt und sich zu einer Blockierung entwickelt, wird aktuell noch erforscht. „Unglücklicherweise ist die Vorhersage von Beginn und Ende dieser Wettererscheinung schwierig“, erklärt Henning Rust. Eines ist aber sicher: Der Jetstream spielt dabei eine wichtige Rolle. Kräftige Westwinde fegen in großer Höhe über die Nordhalbkugel hinweg und legen sich wie ein mäanderndes Band um den Globus.

Dieser Windstrom hält die Luftmassen der Atmosphäre, damit also auch Hochs und Tiefs, in Bewegung und verändert so fortlaufend das Wetter. Ab und an spaltet sich der Jetstream auf, und das Windband schlägt einen Bogen um bestimmte Hoch- und Tiefdruckgebiete. Diese wiederum können für längere Zeit auf der Stelle verharren – nach fünf Tagen wird in der Meteorologie von einer Blockierung gesprochen.

Am häufigsten treten sie über großen Kontinenten auf, Nordamerika, Europa, Asien. Durch starke Sonneneinstrahlung und höhere Temperaturen bleiben die Hochdrucksysteme beständig – bei der Omega-Lage unterstützt durch benachbarte Tiefs. So lenkt das stabile Hochdrucksystem den Jetstream um sich herum.

Allerdings verändert sich die Atmosphäre durch den Klimawandel: Der Jetstream könnte künftig zunehmend beeinträchtigt und teilweise geschwächt werden, vermuten viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das wirft auch die Frage auf, wie sich diese Entwicklung auf Blockierungen auswirken wird. Werden sie künftig häufiger auftreten? Bleiben sie länger bestehen?

Im Lauf der Jahre verschoben sich Blockierungen ins Frühjahr

Einige interessante Erkenntnisse zu diesem Thema hat Henning Rust durch seine Arbeit bereits gewinnen können: Im Rahmen einer vor Kurzem veröffentlichten Studie hat der Meteorologe zusammen mit seinem Forschungsteam historische Wetterdaten ausgewertet. Ziel war es, die Häufigkeit von Blockierungen in Europa von 1990 bis 2019 automatisiert zu erfassen und mit Hilfe von statistischen Modellen zu charakterisieren.

Dabei machte das Team aus den Arbeitsgruppen Theoretische Meteorologie und Statistische Meteorologie der Freien Universität wichtige Entdeckungen: Die Analyse zeigt, dass sich zwar die Gesamtzahl von Blockierungen in Europa über die Jahrzehnte hinweg nicht stark verändert hat; die Forschenden konnten jedoch Veränderungen im Verlauf der Jahreszeiten beobachten. Blockierungen verschoben sich vom November und Dezember ins Frühjahr hinein. „Zudem entstehen im Sommer tendenziell immer mehr Omega-Lagen, die recht beständig sind“, hebt Henning Rust hervor. Eine solche Zunahme könnte zu vermehrten Hitzewellen führen.

„In dichtbesiedelten Städten haben diese Hitzewellen einen großen Einfluss auf die Bewohnerinnen und Bewohner“, sagt Henning Rust. „Denken Sie nur an die Wärmebelastung, die nicht nur für alte Menschen schwer zu ertragen ist. Außerdem fehlen Möglichkeiten zur Abkühlung in der Stadt. Der Klimawandel ist da, die Politik muss handeln.“ Ein Aktionsplan Hitze wäre ein wichtiger erster Schritt für Berlin.

Für den Inhalt dieses Textes ist die Freie Universität Berlin verantwortlich.

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