
© dpa/Eraldo Peres
Brasiliens Ex-Präsident festgenommen: Bolsonaro will Fußfessel wegen Halluzinationen angeschmort haben
Brasiliens Ex-Präsident wird festgenommen – und räumt ein, seine Fußfessel im Hausarrest beschädigt zu haben. In einer Anhörung sagt er, er habe halluziniert.
Stand:
Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro hat die Beschädigung seiner elektronischen Fußfessel mit Halluzinationen infolge von Medikamenten erklärt und eine Fluchtabsicht bestritten. „Der Zeuge (Bolsonaro) erklärte, dass er eine „Halluzination“ hatte, dass die Fußfessel abgehört werde, und er daher versucht habe, die Abdeckung zu öffnen“, zitierte das Nachrichtenportal „G1“ aus dem Protokoll der Anhörung.
Der 70-Jährige gab laut Anhörung an, aufgrund der Medikamente „eine gewisse Paranoia“ entwickelt und die Manipulation kurz nach Mitternacht begonnen zu haben. Danach sei er „wieder zur Vernunft gekommen“ und habe aufgehört. Ein Durchtrennen der Fessel habe es nicht gegeben, auch eine Fluchtabsicht bestritt Bolsonaro demnach.
Der Ex-Präsident war am Samstagmorgen (Ortszeit) präventiv festgenommen worden, nachdem ein Alarm des Überwachungsgeräts eine mögliche Manipulation angezeigt hatte. In einem später vom Gericht veröffentlichten Video gab er zu, mit einem Lötkolben an dem Gerät gearbeitet zu haben – „aus Neugier“, wie er sagte. Aufnahmen zeigen ein angeschmortes Kunststoffgehäuse der Fußfessel.
Auf dem Video ist zu sehen, dass das schätzungsweise knapp zehn Zentimeter große Kunststoffgehäuse des Funkapparats über Bolsonaros Fußknöchel ringsherum angeschmort ist. Das eigentliche Gerät blieb laut der Beamtin aber „offenbar intakt“.
Bolsonaro befand sich seit August wegen Verstößen gegen gerichtliche Auflagen im Hausarrest. Dass er am Samstag festgenommen wurde, begründeten die Behörden mit einem erhöhten Fluchtrisiko. Dabei handelte es sich nicht um die Vollstreckung der Strafe wegen eines versuchten Staatsstreichs, für die er im September zu über 27 Jahren Haft verurteilt worden war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, mit einer Vollstreckung wurde zuletzt kommende Woche gerechnet.
Richter befürchtete Flucht Bolsonaros
Die Entscheidung zur Festnahme beruhte nach Angaben der Ermittler auf neuen Erkenntnissen der Bundespolizei. Kurz nach Mitternacht hatte die Fußfessel demnach Alarm ausgelöst, was auf einen Manipulationsversuch hingedeutet habe. Hinzu kam, dass der Sohn des Ex-Präsidenten, Senator Flávio Bolsonaro, zuvor zu einer nächtlichen Mahnwache vor dem Haus seines Vaters aufgerufen hatte.
Laut Bundesrichter Alexandre de Moraes hätte ein tumultartiger Verlauf dieser „Mahnwache“ eine Kontrolle des Hausarrests erschweren und Bolsonaro eine Flucht im Schutze des Chaos ermöglichen können - möglicherweise zur nahegelegenen Botschaft eines ihm wohlgesonnenen Landes wie den USA, wo er sich dann vor den Strafverfolgern hätte verschanzen können. Moraes entschied daraufhin, Bolsonaro präventiv in Haft zu nehmen.
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump unterstützt den rechtskonservativen Ex-Militär Bolsonaro, der seine Wahlniederlage 2022 bis heute nicht akzeptiert und nach Überzeugung des Obersten Gerichts mit Militärs und politischen Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva plante. Washington wirft der brasilianischen Justiz eine politisch motivierte Kampagne gegen Bolsonaro vor.
Anwälte nehmen Bolsonaro in Schutz
Nach der Festnahme des Ex-Präsidenten bezeichnete der stellvertretende US-Außenminister Christopher Landau den landesweit bekannten Richter Moraes als „Menschenrechtsverletzer“, der mit seinem „provokativen“ Vorgehen Schande über das Oberste Gericht gebracht habe. „Die USA sind zutiefst besorgt über seine jüngste Attacke auf den Rechtsstaat und die politische Stabilität in Brasilien“, schrieb Landau auf der Plattform X.
Bolsonaros Anwalt Paulo Cunha Bueno gab keine Erklärung für die Beschädigung der Fußfessel ab. Die „Gebetsmahnwache“ sei als religiöse Veranstaltung durch die Verfassung geschützt gewesen, betonte er. Trotz der veröffentlichten Belege des Obersten Gerichtshofs und der Aussagen Bolsonaros zum Einsatz eines Lötkolbens sprach der Anwalt von einer verzerrenden Darstellung der Justiz, mit der „das nicht zu Rechtfertigende rechtfertigt werden soll“. (dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: