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04.12.2025, Ukraine, Kiew: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem zypriotischen Präsidenten teil.

© dpa/Dan Bashakov

Brisante New-York-Times-Recherche: Selenskyjs Regierung soll Korruptionsbekämpfung „systematisch sabotiert“ haben

Noch immer ist das gesamte Ausmaß des ukrainischen Korruptionsskandals nicht bekannt. Einer Medienrecherche nach soll die Regierung Bestechungen aber durch mangelnde Kontrolle ermöglicht haben.

Stand:

Für die ukrainische Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj ist der Korruptionsskandal im Energiesektor noch nicht ausgestanden. Nun wirft eine große Recherche der „New York Times“ (NYT) ein Licht auf die Mitverantwortung der Regierung bei der Ermöglichung von Bestechungen.

Der Kernvorwurf: Kiew soll die Arbeit der Aufsichtsgremien von Staatsunternehmen so behindert haben, dass sie ihrer Aufgabe der Korruptionsbekämpfung nicht nachkommen konnten.

Der „NYT“ zufolge hat Selenskyjs Regierung über die vergangenen vier Jahre hinweg die Aufsicht „systematisch sabotiert und damit Korruption gedeihen lassen“. Die Methode: Die Regierung besetzte die Aufsichtsräte mit Gefolgsleuten, ließ Sitze frei oder verzögerte deren Einsetzung, um die Kontrolle zu behalten. Sogar Unternehmenssatzungen sollen im Sinne der Regierung geändert worden sein. Im Ergebnis wurden angeblich Hunderte Millionen Dollar ohne externe Kontrolle ausgegeben.

Ein Beispiel: Mangelnde Aufsicht beim staatlichen Atomkonzern

Im „NYT“-Text werden mehrere Beispiele mangelnder Kontrolle von Staatsunternehmen beschrieben. Eines dreht sich um die Nuklearfirma Energoatom im Zentrum des aktuellen Skandals. Herman Halushchenko, der von 2021 bis 2025 ukrainischer Energieminister war, trieb bei Energoatom ein teures Projekt voran: den Kauf und die Wiederinbetriebnahme von zwei alten russischen Atomreaktoren aus Bulgarien.

Westliche Geldgeber und Anti-Korruptionsstellen kritisierten das Vorhaben als potenzielle Geldverschwendung bei einem für Korruption bekannten Staatsunternehmen. Das Projekt fiel zeitlich mit der geplanten Einsetzung des ersten Aufsichtsgremium von Energoatom zusammen. Doch die ukrainische Regierung verzögerte dessen Einsetzung; die Begründung sollen Streitigkeiten um Gehalt und Versicherung gewesen sein.

Der Reaktor-Deal liegt laut „NYT“ auf Eis und ist nicht Teil der Korruptionsermittlungen. Doch die fehlende Aufsicht war offenbar trotzdem fatal. Denn genau in dieser Zeit bauten ukrainische Beamte im Unternehmen ein 100 Millionen Dollar teures Schmiergeldsystem auf, sagen Antikorruptionsermittler.

Als der Aufsichtsrat dann Anfang 2025 doch eingesetzt wurde, blieb ein Sitz leer, sodass die Macht im Gremium gleichmäßig zwischen zwei ausländischen Experten und zwei ukrainischen Vertretern aufgeteilt war. Diese Spaltung „machte Energoatom weitgehend machtlos, Korruption zu verhindern“, schreibt die „NYT“. So soll die Führungsspitze des Unternehmens nicht ausgetauscht worden sein. Einer der Manager wurde im November 2025 schließlich im Zuge der Ermittlungen wegen Schmiergeldzahlungen suspendiert.

Ein Berater von Selenskyj sagte der „NYT“, dass die Aufsichtsgremien nicht im Verantwortungsbereich des Präsidenten lägen. Die Korruptionsbekämpfung ist eines der wichtigsten Ziele für die von Russland überfallene Ukraine auf dem Weg in Nato und EU. (TMA)

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