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Bulgarien hat zum siebten Mal seit 2021 gewählt: Regierungspartei Gerb laut Hochrechnungen erneut stärkste Kraft
In Bulgarien stehen die Chancen für eine stabile Regierung schlecht. Nach der letzten Wahl war die Koalitionsbildung fehlgeschlagen. Zudem drohen EU-Pläne zu scheitern.
Stand:
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Bulgarien am Sonntag liegen die rivalisierenden prowestlichen Bündnisse Gerb-SDS und PP-DB Hochrechnungen zufolge vorn. Diese Angaben von Meinungsforschungsinstituten aus der Nacht zeigten ein ähnliches Bild wie vorherige, auf Nachwahlbefragungen basierende Prognosen zum Ausgang der siebten Parlamentswahl binnen dreieinhalb Jahren.
Das Mitte-Rechts-Bündnis Gerb-SDS des einstigen Regierungschefs Boiko Borissow erhielt demnach 25,5 bis 26,4 Prozent der Stimmen, gefolgt vom liberal-konservativen Bündnis PP-DB mit 13,8 bis 14,4 Prozent. Ins neu gewählte Parlament in Sofia dürften bis zu neun politische Kräfte einziehen.
Die beiden prowestlichen Bündnisse hatten bereits für weniger als ein Jahr gemeinsam regiert – allerdings ohne Koalitionsvertrag. Ihre Regierung ging im Frühjahr nach Streit über Reformen, Personalien und den Kampf gegen die Korruption in die Brüche. Ob jetzt eine ähnliche Koalition zustande kommen kann, war am Wahlabend noch offen.
Beobachter sehen erneut schwierige Regierungsbildung
Denn das PP-DB-Lager lehnt Gerb-Chef Borissow als künftigen Regierungschef ab, da es ihm korrupte Amtsführung bei seinen drei Regierungen bis 2021 vorwirft. Es will, dass der neue Regierungschef keiner der involvierten Parteien angehört. Das lehnt wiederum Borrisow als „Täuschung am Votum der Menschen“ ab.
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„Die Bildung einer neuen Regierung wird sowohl mathematisch als auch politisch sehr schwierig sein“, sagte der Direktor des Meinungsforschungsinstituts Gallup International Balkan, Parwan Simeonow, dem Staatsrundfunk in Sofia.
Borissow zeigte sich dennoch entschlossen, eine Regierung bilden zu wollen. „Ich werde mit jedem regieren, der unser Programm unterstützt“, sagte er nach Bekanntwerden erster Prognosen. Dabei schloss er die prorussische, nationalistische und populistische Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) als Regierungspartner aus. Die könnte laut Hochrechnungen mit 13,0 bis 13,4 Prozent der Stimmen auf den dritten Platz landen.
Bleibt Bulgarien unregierbar?
Die Bulgarinnen und Bulgaren hatten erst im Juni ein neues Parlament gewählt, doch keine Partei konnte eine reguläre Regierung bilden. Ein Interimskabinett wurde eingesetzt.
Bulgarien ist seit fast 18 Jahren EU-Mitglied. Das Land mit rund 6,7 Millionen Einwohnern hat viele Baustellen, wie etwa Korruptionsbekämpfung und Justizreform. Zudem geriet die Nutzung der Gelder aus dem EU-Wiederaufbauplan wegen der politischen Krise ins Stocken, da wichtige Gesetze fehlten. Ein Scheitern bei der Regierungsbildung könnte auch den jetzt für Mitte 2025 angestrebten Beitritt zur Eurozone komplizieren.
„Eine weitere Neuwahl würde Bulgariens Image als unregierbares Land weiter festigen“, sagt die Vize-Direktorin des European Council on Foreign Relations (ECFR), Wessela Tschernewa, der Deutschen Presse-Agentur in Sofia vor der Wahl.
Das Balkanland hatte seit 2021 in der Tat nur zwei kurzlebige reguläre Regierungen, dafür aber mehrere Übergangskabinette. Mit aussagekräftigen amtlichen Zwischenergebnissen zur Wahl wird am Montag gerechnet. (dpa)
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