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Seniorgeneral Min Aung Hlaing, Chef der Militärjunta, inspiziert eine Parade anlässlich des 78. Tages der Streitkräfte Myanmars.

© dpa/Aung Shine Oo

Bürgerkrieg in Myanmar : Militärjunta lädt bewaffnete Widerstandsgruppen zu Verhandlungen ein

Mehr als dreieinhalb Jahre nach dem Militärputsch steht die Junta in Myanmar zunehmend unter Druck. Nun will sie die bewaffneten Widerstandsgruppen zu Verhandlungen bewegen.

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Die seit drei Jahren in Myanmar herrschende Militärjunta hat die bewaffneten Gruppen im Land aufgerufen, die Waffen niederzulegen und in Verhandlungen einzutreten. „Terroristische aufständische Gruppen“ und bewaffnete Gruppen ethnischer Minderheiten seien aufgerufen, ihren Kampf aufzugeben und über eine „politische Lösung der politischen Probleme“ zu verhandeln, erklärte die Junta am Donnerstag.

Bewaffnete Gruppen sollten den „Weg der Parteipolitik und Wahlen“ beschreiten, um „dauerhaften Frieden und Entwicklung“ zu erreichen, hieß es in der Erklärung der Junta. Die „Humanressourcen des Landes“, die grundlegende Infrastruktur und die „Leben vieler Menschen“ seien „verloren gegangen“. Die Stabilität und die Entwicklung des südostasiatischen Landes seien durch den Konflikt „blockiert“ worden.

Ein Sprecher der Karen National Union (KNU) - eine bewaffnete Gruppe, die seit Jahrzehnten für mehr Autonomie in einem Gebiet an der Grenze zu Thailand kämpft - sagte, Gespräche seien nur möglich, wenn das Militär „gemeinsamen politischen Zielen“ zustimme. Dazu gehöre, dass das Militär nicht mehr an der zukünftigen Politik beteiligt sein dürfe, sagte der Sprecher der Nachrichtenagentur AFP. Außerdem müsse das Militär einer föderalen demokratischen Verfassung zustimmen. Zudem müsse das Militär Rechenschaft über seine Taten ablegen. Wenn die Junta dem nicht zustimme, „wird nichts passieren“.

Das Militär in dem südostasiatischen Land hatte 2021 die Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gestürzt, woraufhin Wochen lang Hunderttausende Menschen gegen die Junta und ihre gewaltsame Machtübernahme protestiert hatten. Bis heute liefert sich das Militär Kämpfe mit pro-demokratischen Widerstandskämpfern und Gruppen ethnischer Minderheiten.

Zuletzt hatte die Junta in diesen Kämpfen eine Serie von Rückschlägen erlitten. Die gegen die Junta kämpfenden Gruppierungen erzielten in den vergangenen Monaten Geländegewinne im Norden und Westen des Landes - obwohl sie deutlich schlechter ausgerüstet sind und die Junta anders als die Widerstandskämpfer immer wieder aus der Luft angreift. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge kontrollierte das Militär zuletzt nur noch weniger als die Hälfte des Landes. Im August nahmen Kämpfer ethnischer Minderheiten die nordöstliche Kommandozentrale der myanmarischen Armee in der Stadt Lashio in dem an China grenzenden Shan-Staat im Norden Myanmars ein.

Das Militär gerät auch deshalb zunehmend ins Hintertreffen, weil sich seit der Ausweitung des Bürgerkriegs 2021 mehrere bewaffnete Gruppen im Kampf gegen die Junta zusammengeschlossen haben, die vorher Jahrzehnte lang für sich allein um ihre Unabhängigkeit kämpften.

Schon vor der Machtübernahme des Militärs war das Land von ethnischen Spannungen und Konflikten geprägt. Es gibt allein 135 anerkannte ethnische Gruppen und diverse nicht anerkannte, darunter die muslimische Minderheit der Rohingya, an der 2017 ein Völkermord verübt wurde. Die birmanische Mehrheit macht fast 70 Prozent der Bevölkerung aus und dominiert auch das Militär.

Der Druck auf die Junta hatte zuletzt auch wegen der Folgen des Taifuns „Yagi“ weiter zugenommen. Der hatte verheerende Überschwemmungen verursacht. Mehr als 400 Menschen kamen in Myanmar durch den Sturm ums Leben, hunderttausende sind auf Nothilfen angewiesen.

Die Junta um Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing hatte sich 2021 mit der Begründung an die Macht geputscht, die alte Regierung habe bei der Parlamentswahl im November 2020 betrogen. Aus denen war die Partei von Suu Kyi, die NLD, als klare Siegerin hervorgegangen. Nach dem Militärputsch wurde die Regierungschefin zunächst unter Hausarrest gestellt und später in verschiedenen Verfahren zu einer Gesamthaftstrafe von 33 Jahren verurteilt. Menschenrechtler sprachen von Schauprozessen.

Seit 2021 wurden nach Angaben einer örtlichen Beobachtergruppe beim Vorgehen des Militärs mehr als 5700 Zivilisten getötet, mehr als 20.000 wurden demnach festgenommen. (Tsp, cz, AFP)

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