zum Hauptinhalt
Roboter arbeiten an einem Fließband von FAW-Hongqi in Changchun in der nordostchinesischen Provinz Jilin.

© dpa/Xu Chang

Chinas staatlich geförderte Industriepolitik: Ein Vorbild für Deutschlands Produktivität?

Die Volksrepublik ist technologisch und industriepolitisch erfolgreich – aber nicht wirtschaftlich. Deutschland sollte die richtigen Lehren daraus ziehen.

Ein Gastbeitrag von Jörg Krämer

Stand:

Die deutsche Industrie fährt seit acht Jahren ihre Produktion herunter und entlässt mittlerweile in großem Stil Beschäftigte. Dagegen feiert die staatlich geförderte chinesische Industrie nicht nur bei Elektroautos große Erfolge.

Für viele ist das ein Beweis für die Überlegenheit der chinesischen Industriepolitik. Aber so einfach ist es nicht. Deutschland kann zwar einiges von China lernen, vieles eignet sich jedoch nicht zur Nachahmung.

Nüchtern betrachtet bedeutet Industriepolitik die staatliche Förderung einzelner Branchen oder Unternehmen – durch Finanzhilfen, Steuervorteile, verbilligte Kredite, Bürgschaften, günstige Grundstücke, Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen und so weiter.

Letztlich verteilt der Staat Ressourcen zugunsten einzelner Branchen oder Unternehmen um – und damit zu Lasten aller anderen Unternehmen.

Das chinesische Volk ist stolz

Diesen massiven Eingriff in das Wirtschaftsgeschehen rechtfertigen Politiker überall in der Welt damit, vermeintliche Zukunftsbranchen zu fördern. Diese würden später hohe Erträge bringen, die die anfängliche staatliche Förderung am Ende weit überträfen.

Nicht nur aus Sicht der chinesischen Regierung ist ihre Industriepolitik erfolgreich. Das Land ist technologisch führend bei Elektrofahrzeugen sowie Batterien und stößt in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Robotik oder Quantencomputing zunehmend in die Weltspitze vor. Davon profitiert auch das chinesische Militär, das den USA unbedingt Paroli bieten will.

Außerdem hat China hohe Marktanteile bei E-Autos oder Solarpanels erreicht. Seine Wirtschaft wird als stark wahrgenommen, das weckt den Stolz seiner Bürger und kommt letztlich der Kommunistischen Partei zugute.

Aber die Volksrepublik zahlt für die technologischen, militärischen und politischen Vorteile seiner Industriepolitik einen hohen Preis. Denn mit ihren Subventionen zieht sie zu viele Ressourcen in Form von Kapital und Arbeit in politisch präferierte Branchen.

Überkapazitäten lösen Preiskämpfe aus

Das schafft dort Überkapazitäten, Kapital und Arbeit werden nicht optimal genutzt, die Produktivität sinkt. Letztlich geht das zu Lasten des Wohlstands der Bevölkerung, weil sich mit einem Teil der Ressourcen in anderen Branchen mehr für die Menschen erwirtschaften ließe.

Das lässt sich empirisch gut belegen. So haben die sogenannten neuen Industrien, die im Fokus der Industriepolitik stehen, ihren Anteil am Bruttoinlandsprodukt in den vergangenen sieben Jahren nur unwesentlich von achtzehn auf zwanzig Prozent gesteigert. Und das, obwohl sie mittlerweile fast die Hälfte aller Anlageinvestitionen auf sich ziehen.

Die so entstandenen Überkapazitäten haben ruinöse Preiskämpfe ausgelöst; die Absatzpreise für chinesische Industriegüter fallen seit Ende der Corona-Krise.

Der chinesische Staat investiert massiv in den Energiesektor. Auch das kommt den Firmen im Land zugute.

© dpa/XinHua/Huang Bohan

Auch Analysen auf Basis von Unternehmensdaten sind ernüchternd. So zeigen Stanford-Ökonomen, dass börsennotierte Industrieunternehmen, die im Rahmen des Programms „Made in China 2025“ staatliche Hilfen erhalten haben, ihre Produktivität nicht stärker steigern konnten als Unternehmen, die keine Hilfen bekamen.

Das ist insofern ein Problem, als die chinesischen Behörden eher Unternehmen mit einem niedrigeren Produktivitätsniveau in Förderprogramme aufnehmen.

Zugang zu Rohstoffen wird gesichert

Es fließen also politisch motiviert mehr Ressourcen in Unternehmen mit einem unterdurchschnittlichen Produktivitätsniveau, was das Produktivitätswachstum der gesamten chinesischen Volkswirtschaft nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) um gut ein Prozentpunkt senkt. Deshalb empfiehlt der IWF in seinem jüngsten Ausblick, dass China seine Industriepolitik zurückfährt.

Haben ihren Handelskonflikt nur in Teilen entschärfen können: US-Präsident Donald Trump und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping.

© REUTERS/Evelyn Hockstein

Ein weiterer Nachteil der chinesischen Industriepolitik ist, dass sie oft Handelskonflikte auslöst – und zwar nicht nur mit den USA.

Auch andere Länder wehren sich gegen Importe, die Peking im Rahmen seiner Industriepolitik subventioniert. So hat die EU Strafzölle gegen chinesische E-Autos verhängt.

Aber Deutschland kann von China auch lernen. Denn das Land betreibt nicht nur Industriepolitik zugunsten einzelner Branchen und Unternehmen, sondern arbeitet auch an besseren Standortbedingungen für alle Unternehmen.

So hat die Regierung die Verkehrsinfrastruktur zügig ausgebaut, sorgt für günstige Energie, steigert das Bildungsniveau und sichert den Unternehmen den Zugang zu Rohstoffen.

Außerdem fördert die Staatsführung mit einer wirtschaftsfreundlichen Regulierung Zukunftstechnologien wie die Künstliche Intelligenz. Wichtig sind auch die sehr schnellen Genehmigungsverfahren.

Deutschland sollte die richtigen Lehren aus der chinesischen Wirtschaftspolitik ziehen und nicht vermeintliche Zukunftsbranchen päppeln, sondern allen Unternehmen bessere Rahmenbedingungen bieten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })