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Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock: Keine Einigung auf einen Nationalen Sicherheitsrat möglich.

© picture alliance / SZ Photo/Friedrich Bungert

Deutschland bekommt keinen Nationalen Sicherheitsrat: Treueschwur auf das Ressortdenken

An der fehlenden Existenz eines Gremiums wird Deutschlands strategische Ausrichtung in der Außen- und Sicherheitspolitik nicht scheitern. Vielleicht aber am politischen Willen.

Ein Kommentar von Anja Wehler-Schöck

In Expertenkreisen munkelte man es schon lange, nun scheint es festzustehen: Einen Nationalen Sicherheitsrat wird es in Deutschland nicht geben. Jedenfalls nicht in absehbarer Zukunft.

Ein Gremium nach Vorbild des amerikanischen National Security Council (NSC) schwebte manchen vor, wo ressortübergreifend über Fragen nationaler Sicherheit entschieden wird. Angesiedelt in der Schaltzentrale der Macht. In den USA im Exekutivbüro des Präsidenten. Bei uns, so der fromme Wunsch, im Kanzleramt.

Angesichts von Entscheidungen über strategische Energieversorgung, die Sicherung kritischer Infrastruktur, den Schutz gegen asymmetrische Kriegsführung, könnte man argumentieren, käme die Einrichtung eines zentralen Koordinierungsgremiums doch wie gerufen. Und wäre doch kein probates Mittel.

Ein solches Vorhaben musste in Deutschland zum Scheitern verurteilt sein. Anders als die USA ist die Bundesrepublik eben kein Präsidentialsystem. In Berlin herrschen eine Koalitionsregierung und das Ressortprinzip. Beschlüsse erfordern einen Konsens unter den Koalitionspartnern. Kompetenzen an ein anderes Ressort, gar das Bundeskanzleramt, abgeben: nein, danke.

Ebenso wenig ist ein Nationaler Sicherheitsrat ein Allheilmittel, selbst in den USA nicht. Nicht die Tatsache, dass es den NSC gibt, sorgt in den Vereinigten Staaten für strategische Klarheit. Es ist die starke Rolle des Präsidenten im politischen System. Und die gibt es in Deutschland nicht. Bewusst nicht.

Eines ist klar: An der fehlenden Existenz eines Gremiums wird Deutschlands strategische Ausrichtung in der Außen- und Sicherheitspolitik nicht scheitern. Vielleicht aber am politischen Willen.

Mit dem Bundessicherheitsrat und dem Sicherheitskabinett gibt es bereits Gremien, in denen eine regelmäßige Abstimmung stattfinden könnte. In der Nationalen Sicherheitsstrategie, um deren Fertigstellung die Bundesregierung derzeit ringt, könnte ihre Rolle aufgewertet werden.

Doch solange koalitionäre Eitelkeiten eine ernstzunehmende strategische Zusammenarbeit zwischen den Ressorts verhindern, wird auch eine Nationale Sicherheitsstrategie nur geduldiges Papier bleiben.

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