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17.10.2024, Belgien, Brüssel: Die Staats- und Regierungschefs der EU stellen sich während eines EU-Gipfels auf. Foto: Omar Havana/AP +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Omar Havana

Die Kunst des Deals: Donald Trumps zweite Amtszeit zwingt Europa zu Stärke

Trumps zweite Amtszeit wird sich von der ersten dramatisch unterscheiden. Ob es der EU gelingt, die Beziehung zu den USA erfolgreich zu gestalten, wird davon abhängen, wie sie sich als Partner verkauft.

Anja Wehler-Schöck
Ein Kommentar von Anja Wehler-Schöck

Stand:

Am Ende war die Entscheidung nicht einmal knapp. Mit einem deutlichen Sieg über Kamala Harris wird Donald Trump am 20. Januar nach aktuellem Stand ein weiteres Mal ins Weiße Haus einziehen.

Doch Trumps zweite Amtszeit wird sich von der ersten dramatisch unterscheiden. Moderierende Kräfte wie etwa Verteidigungsminister Jim Mattis, die damals in vielen Situationen Schlimmeres abwenden konnten, werden dieses Mal kaum an der Regierung beteiligt sein. Trump wird sich mit einer loyalen Gefolgschaft umgeben, von der wenig Widerspruch zu erwarten ist.

Hinzu kommt, dass Trump und sein Team dieses Mal deutlich besser vorbereitet in die Amtszeit gehen. Trump wird keine Zeit verlieren, seine Pläne umsetzen. Mit einer Mehrheit im Senat und voraussichtlich auch im Repräsentantenhaus werden die Demokraten auf nationaler Ebene keinerlei Raum für Opposition haben.

Mit dem Instrumentenkasten der Autokraten

Wird Trump sämtliche Drohungen aus dem Wahlkampf wahrmachen? Vermutlich nicht. Dennoch ist Trump für die Zukunft des politischen Systems der USA brandgefährlich. Er wird alles daran setzen, seine Macht auszubauen und zu erhalten. Wer ankündigt, Wahlen auszusetzen, politische Gegner zu verfolgen, die Ministerien von Andersdenkenden zu säubern und hart gegen kritische Medien vorzugehen, der lässt an seinen autokratischen Absichten keinerlei Zweifel.

Trump wird sich den Instrumentenkasten der Autokraten dieser Welt genau ansehen. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan werden Pate stehen, wenn sich Trump daran macht, das System auszuhöhlen und Behörden, Justiz und Medien gezielt zu schwächen.

Das ist weit mehr als amerikanische Innenpolitik. Diese Schritte werden über die Grenzen der USA hinweg eine erhebliche Wirkung zeigen. Gerade in Zeiten, in denen die Demokratie weltweit bedroht ist, erleidet die demokratische Strahlkraft der USA bereits jetzt durch Trumps Rhetorik einen erheblichen Schaden.

Globale Zusammenarbeit in Gefahr

Auch die globale Zusammenarbeit ist in Gefahr. Die Abkehr der USA vom Multilateralismus, die Trump während seiner ersten Amtszeit anstieß, wird er nun weiter fortsetzen. Im Krieg in der Ukraine wird unter einer Trump-Präsidentschaft das Szenario wahrscheinlicher, dass die Ukraine in einen Deal mit Gebietsverzichten gedrängt wird. In Nahost wird die Politik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mit Trump einen entscheidenden Unterstützer haben.

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Was folgt daraus nun für Deutschland und Europa? Dass Bundeskanzler Olaf Scholz dem Wahlsieger Trump umgehend gratuliert und die transatlantische Verbundenheit betont hat, ist ein wichtiger Schritt. Trotz aller Differenzen kommen Deutschland und die EU nicht umhin, weiter eng mit den USA zusammenzuarbeiten. Doch die Kooperation wird in den kommenden Jahren zu einer enormen Herausforderung werden.

Von größerer Bedeutung als Deutschlands bilaterales Verhältnis wird künftig die Beziehung der Europäischen Union zu den USA sein. Nun ist der Moment gekommen, in dem die EU beweisen muss, dass sie die Idee der europäischen Souveränität mit Inhalt füllen kann. Und dass es ihr gelingt, gegenüber den USA geschlossen aufzutreten. Trump ist ein Meister der Spaltung. Er wird versuchen, die EU zu schwächen, in dem er Mitgliedstaaten gegeneinander ausspielt. Einzelgänge wird er gnadenlos auszunutzen wissen.

Für Trump stellt Zusammenarbeit keinen Wert an sich dar. Er denkt transaktional. Ob sich eine Beziehung für ihn lohnt, bewertet er danach, was ihm geboten wird. Ob es der EU gelingt, die Beziehung zu den USA unter einer zweiten Trump-Regierung erfolgreich zu gestalten, wird daher entscheidend davon abhängen, wie sie sich als Partner verkauft.

Auf globaler Ebene sind die EU und ihre Mitglieder gefordert, Stärke zu zeigen und eine klare Führungsrolle zu übernehmen. An ihnen hängt es nun, der Welt zu zeigen, dass es sich lohnt, für Demokratie und Multilateralismus zu kämpfen.

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