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Der Demokrat Gene Wu verzweifelt angesichts der neuen Wahlkreiszuschnitte.

© Getty Images via AFP/Brandon Bell

Die Kunst des Salamanders: Manipulation des Wahlkreiszuschnitts hat in den USA Tradition

In Texas haben sich Donald Trumps Republikaner durchgesetzt und Wahlkreise nach ihren Vorstellungen neu gestaltet. Warum sie das dürfen und wie das sogenannte „Gerrymandering“ funktioniert.

Stand:

Trotz des Widerstands der Demokraten ist es passiert: Das Repräsentantenhaus des Parlaments in Texas hat einen von US-Präsident Donald Trump gewollten Neuzuschnitt der Wahlkreise in dem US-Bundesstaat am Mittwoch gebilligt.

88 Abgeordnete stimmten für den Vorschlag, 52 dagegen. Nun muss noch der republikanisch dominierte Senat zustimmen, bevor der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, die Entscheidung in Kraft setzen kann.

Der erbitterte Streit zwischen den Republikanern und Demokraten in Texas um den Neuzuschnitt von Wahlkreisen dreht sich um die in den USA häufig vorkommende Praxis des „Gerrymandering“. Dabei handelt es sich um eine Neuordnung von Wahlkreisen mit parteipolitischen Zielsetzungen – also mit der Absicht, der eigenen Partei bei kommenden Wahlen Vorteile zu verschaffen.

Der texanische Gouverneur Greg Abbott steht ganz auf Trumps Seite.

© REUTERS/SERGIO FLORES

Der Begriff „Gerrymandering“ setzt sich zusammen aus dem Namen von Elbridge Gerry, einem Gouverneur von Massachusetts aus dem 18. Jahrhundert, und dem Wort Salamander. Gerry hatte einen Wahlbezirk in seinem Bundesstaat derart zu seinem Vorteil zugeschnitten, dass er der Form eines Salamanders glich.

In der aktuellen Kontroverse im Bundesstaat Texas haben sich die Demokraten gegen einen Neuzuschnitt der Wahlkreise gewehrt, der der Republikanischen Partei von Präsident Trump bei den Kongresswahlen 2026 bis zu fünf zusätzliche Sitze im Repräsentantenhaus in Washington sichern könnte. Die Republikaner haben derzeit nur eine knappe Mehrheit in der Kongresskammer.

Zuschnitt eigentlich nur alle zehn Jahre

Die US-Bundesstaaten legen ihre Wahlbezirke üblicherweise alle zehn Jahre neu fest. Grundlage ist dabei eine ebenfalls alle zehn Jahre im ganzen Land stattfindende Volkszählung. Der Neuzuschnitt soll demografischen Veränderungen Rechnung tragen und die Verfassungsvorgabe erfüllen, dass alle Wahlbezirke innerhalb eines Bundesstaats in etwa die gleiche Bevölkerungszahl haben müssen.

In Texas wie in vielen anderen Bundesstaaten ist das Parlament für den Neuzuschnitt der Wahlkreise zuständig, in anderen Staaten sind dies eigens dafür eingesetzte Kommissionen. Eigentlich soll die Neuordnung der Wahlkreise in politisch neutraler Form geschehen, nicht selten wird sie jedoch zur Wahlmanipulation missbraucht.

Im aktuellen Streit in Texas wurde der Vorwurf des „Gerrymandering“ mit besonderer Vehemenz erhoben – auch deshalb, weil die Republikaner den Zuschnitt der Wahlkreise außerhalb des üblichen Zehn-Jahre-Zyklus auf die Tagesordnung gesetzt haben. Die nächste Volkszählung steht erst 2030 an.

„Zusammenpacken“ und „zersplittern“

Um den Wahlkreiszuschnitt zum Vorteil der eigenen Partei zu nutzen, gibt es zwei Methoden: das „packing“ und das „cracking“, was sich als „zusammenpacken“ und „zersplittern“ übersetzen lässt. Beim „packing“ werden so viele potenzielle Wählerinnen und Wähler der gegnerischen Partei wie möglich in einem Wahlkreis zusammengesteckt, womit ihr Einfluss in anderen Kreisen sinkt.

Beim „cracking“ werden die potenziellen Wähler der anderen Partei auf möglichst viele verschiedene Wahlkreise verteilt, damit sie in keinem dieser Kreise zur dominierenden Kraft werden. Erleichtert wird das „Gerrymandering“ dadurch, dass viele Wähler sich als Republikaner, Demokraten oder Unabhängige registrieren lassen, um an den Vorwahlen der Parteien teilnehmen zu können.

An vielen Orten in den USA, wie hier in Florida, protestierten Menschen gegen das „Gerrymandering“.

© AFP/Giorgio Viera

Sowohl Republikaner als auch Demokraten haben in der Vergangenheit das „Gerrymandering“ betrieben. Der Streit um diese Praxis ist auch immer wieder vor dem Obersten Gericht des Landes gelandet.

Im Jahr 2019 entschied der konservativ dominierte Supreme Court in Washington jedoch, dass eine Entscheidung über parteipolitisch motivierte Festlegungen von Wahlkreisen nicht in seiner Zuständigkeit liege, sondern dies innerhalb der einzelnen Bundesstaaten geregelt werden müsse.

Für ein „Gerrymandering“, das bestimmte ethnische Gruppen wie etwa Afroamerikaner benachteiligt, sieht sich das Oberste Gericht hingegen zwar durchaus zuständig. Die Abgrenzung zwischen Wahlkreismanipulationen nach ethnischen und parteipolitischen Kriterien ist nach Angaben von Experten jedoch schwierig zu treffen.

Im vergangenen Jahr wies der Supreme Court eine Klage gegen einen von den Republikanern im Südstaat South Carolina durchgesetzten Neuzuschnitt von Wahlkreisen mit der Begründung ab, die ethnische Zugehörigkeit der betroffenen Wähler sei nicht der entscheidende Faktor gewesen. Bürgerrechtsgruppen hatten argumentiert, afroamerikanische Wähler seien durch die Reform benachteiligt.

Die Neuordnung der Wahlkreise in Texas hat einen landesweiten Streit ausgelöst. Gouverneure beider Parteien haben bereits damit gedroht, ähnliche Schritte in anderen Bundesstaaten einzuleiten. So treibt der demokratische Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, eine Neuordnung voran, um fünf Sitze der Republikaner zu gewinnen.

Auch republikanisch geführte Bundesstaaten wie Ohio und Florida sowie demokratisch kontrollierte Bundesstaaten wie Maryland und Illinois ziehen ähnliche Schritte in Erwägung. (Tsp, AFP)

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