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Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj (l) will US-Präsident Donald Trump klarmachen, dass das Land in den Verhandlungen über ein Kriegsende mit Russland nicht kapitulieren wird. (Archivbild)

© Mystyslav Chernov/AP/dpa

Die Lage im Überblick: Selenskyj will mit Trump über Frieden und Sicherheit reden

Ein Frieden in der Ukraine ist bisher nicht in Sicht. Der ukrainische Präsident Selenskyj trifft nun erneut seinen US-Kollegen Trump, um über ein mögliches Kriegsende zu verhandeln - ohne Russland.

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Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj will bei seinem Treffen mit US-Präsident Donald Trump an diesem Sonntag erneut über eine mögliche Beendigung des russischen Angriffskrieges verhandeln. Vertreter Moskaus sind aber nicht dabei, weshalb eine Einigung der Kriegsparteien heute nicht zu erwarten ist. Vielmehr will Selenskyj Trump erneut klarmachen, dass für Kiew eine Kapitulation und ein Diktatfrieden mit Moskau nicht infrage kommen. Die USA sehen sich in dem Konflikt als Vermittler. Die Ukraine verteidigt sich seit fast vier Jahren mit westlicher Hilfe gegen die russische Invasion.

Knackpunkt Gebietsabtretungen

„Natürlich gibt es rote Linien für die Ukraine und das ukrainische Volk“, sagte Selenskyj in einer Mitteilung in seinem Telegram-Kanal vor dem Treffen in Florida. Der Ukrainer hatte etwa die auch von Trump geforderten Abtretungen jener Teile im Gebiet Donezk, die Russland bisher nicht kontrolliert, stets kategorisch abgelehnt. Es gebe Kompromissvorschläge für die offenen Gebietsfragen, sagte Selenskyj. Der Punkt gehört zu den kritischsten überhaupt auf dem Weg zu einer Einigung. 

Das Weiße Haus kündigte das bilaterale Treffen in Palm Beach im Bundesstaat Florida für 13.00 Uhr Ortszeit (19.00 Uhr MEZ) an. Trump hält sich derzeit in seiner luxuriösen Residenz Mar-a-Lago auf. In dem Privatclub hatte er in der Vergangenheit immer wieder hochrangige Politiker empfangen. Laut einem Bericht des öffentlich-rechtlichen ukrainischen Senders Suspilne traf Selenskyj am Samstagabend (Ortszeit) in den USA ein.

20-Punkte-Friedensplan

Sprechen will der ukrainische Staatschef mit Trump über seine an Heiligabend präsentierten 20 Punkte für einen möglichen Friedensplan. Kernthema seien die Sicherheitsgarantien für die Ukraine für den Fall eines Waffenstillstands, um vor einem neuen russischen Angriff dauerhaft geschützt zu sein. Russland sieht den Großteil der Punkte Selenskyjs als Widerspruch zu seinen Positionen.

Selenskyj sagte, dass Russland mit seinen täglichen Luftangriffen zeige, dass es kein Interesse an einem Frieden habe. Deshalb will er sich bei Trump auch für mehr Flugabwehrsysteme einsetzen. Die ukrainische Luftverteidigung brauche mehr Raketen, sagte Selenskyj angesichts der täglichen russischen Angriffe mit Drohnen und Raketen.

Selenskyj: Dankbar für EU-Hilfe, aber Ukraine braucht mehr

Selenskyj sagte auch, dass es parallel Verhandlungen mit den Europäern über Sicherheitsgarantien gebe. Er zeigte sich dankbar, dass die EU weitere finanzielle Unterstützung in Form von Krediten in Milliardenhöhe für die Ukraine beschlossen hat. „Aber ehrlich gesagt, gibt es immer einen Geldmangel, besonders für die Produktion von Waffen und vor allem von Drohnen“, sagte er.

Vor dem Treffen mit Trump sagte der ukrainische Staatschef, dass er mit dem US-Präsidenten auch über Investitionen für einen Wiederaufbau der Ukraine nach Beendigung des Krieges sprechen wolle. Dazu müssten Fonds gegründet werden, aufgebracht werden müssten bis zu 800 Milliarden US-Dollar (679 Milliarden Euro).

Selenskyj geht davon aus, dass Trump einmal mehr auch auf Wahlen in der Ukraine bestehen wird. Der ukrainische Präsident, dessen Amtszeit offiziell 2024 ausgelaufen, aber wegen des Kriegsrechts verlängert worden war, könnte durch eine Abstimmung neu legitimiert werden. Laut Selenskyj verlangt der Kreml, dass auch ukrainische Flüchtlinge in Russland - das sind Hunderttausende - an der Abstimmung teilnehmen können. Dazu meinte der Ukrainer, dass Russlands Führung selbst nicht legitim sei. Wahlen in Russland stehen als weder fair noch frei in der Kritik.

Verbündete sichern Selenskyj Unterstützung zu

Der Verbündeten der Ukraine stärkten Selenskyj vor seinem Treffen mit Trump bei einer Telefonschalte den Rücken. „Die elf Staats- und Regierungschefs aus Europa und Kanada sowie die Spitzen von Nato und der EU sicherten der Ukraine ihre volle Unterstützung zu und unterstrichen, in enger Koordination mit den USA für einen nachhaltigen und gerechten Frieden in der Ukraine einzutreten“, teilte ein Sprecher der Bundesregierung in Berlin mit. Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ebenfalls an dem Gespräch teilgenommen hatte. 

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte demnach auf Bitten Selenskyjs zu der Telefonschalte im Format des jüngsten Berliner Treffens eingeladen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte, die Europäer müssten vollständig in die sie betreffenden Diskussionen eingebunden werden, wie es aus Élysée-Kreisen hieß. Im Januar werde Macron ein weiteres Treffen der Koalition der Willigen in Paris ausrichten. 

Selenskyj schrieb nach der Telefonschalte auf Telegram, er wolle das Gespräch mit den Verbündeten am Sonntag nach dem Treffen mit Präsident Trump fortsetzen. „Wir brauchen sowohl an der Front als auch in der Diplomatie eine starke Position, damit (Kremlchef Wladimir) Putin nicht manipulieren und ein echtes und gerechtes Ende des Krieges verhindern kann.“

Putin in Uniform behauptet neue Eroberungen in der Ukraine 

Vor dem neuen Treffen Selenskyjs mit Trump zeigte sich Putin in Uniform und ließ sich demonstrativ von seinem Generalstab über angebliche neue Eroberungen in der Ukraine informieren. Putin sagte, dass sich Russland den Donbass – dazu gehören die Gebiete Donezk und Luhansk – auch militärisch einverleiben könne. Er warf Selenskyj in einem vom Kreml am Samstagabend veröffentlichen Videoclip vor, kein Interesse an einem Friedensabkommen zu haben. Selenskyj lehnt einen Rückzug seiner Truppen aus dem Donbass ab.

„Und wenn der Machtapparat in Kiew nicht bereit ist, die Angelegenheit friedlich zu regeln, dann werden wir alle vor uns liegenden Aufgaben im Rahmen der speziellen Militäroperation mit Waffengewalt lösen“, sagte Putin. Spezielle Militäroperation ist die offizielle Bezeichnung in Russland für den 2022 begonnenen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Moskau will Myrnohrad und Huljajpole eingenommen haben

Diesmal behauptete Russland, die Stadt Myrnohrad im Gebiet Donezk sei eingenommen worden. Nach der Eroberung von Siwersk im Norden des Gebiets Donezk sei nun der Weg frei auf die Großstadt Slowjansk, behauptete Generalstabschef Waleri Gerassimow. Er sagte, dass die russischen Truppen an der gesamten Frontlinie auf dem Vormarsch seien.

Erobert wurde nach russischen Militärangaben auch die Stadt Huljajpole im Gebiet Saporischschja. Der ukrainische Generalstab dementierte am Samstagabend die Kreml-Berichte, die beiden Städte würden weiter verteidigt. 

Nicht nur ukrainische Experten, auch moskautreue Militärblogger hatten zuletzt immer wieder erklärt, dass das russische Verteidigungsministerium von den unter Erfolgsdruck stehenden Kommandierenden vor Ort über angebliche Erfolge informiert werde, die es so nicht gebe. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben von der Frontlinie kaum.

© dpa-infocom, dpa:251228-930-471436/2

Das ist eine Nachricht direkt aus dem dpa-Newskanal.

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