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Eva Kaili, Vizepräsidentin des EU-Parlaments, wird Korruption vorgeworfen.

© Foto: action press/ Dwi Anoraganingrum

EU und Korruption: Was Vertrauen kostet

Die Korruptionsaffäre um die Vizepräsidentin des Europäischen Parlamentes Eva Kaili hat das Vertrauen der Bürger erschüttert. Die EU muss es zurückgewinnen.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Die Worte sind nicht zu groß, nicht zu pathetisch gewählt: EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola spricht im Zusammenhang mit den Korruptionsvorwürfen von einem Angriff auf die Institution, die Demokratie und die europäische Lebensweise. Darum wehe, es käme noch mehr.

Alle europäischen Fraktionen sind gut beraten, jetzt überall hineinzuleuchten. Aber nicht für parteipolitische Kämpfe, das wäre eine zu kleine Münze. Angesichts der großen Summen, um die es geht, aber auch angesichts der großen Herausforderung, die es bedeutet, dass eine der höchsten Vertreterinnen des Parlaments der Korruption beschuldigt wird.

Das Vertrauen der Menschen in die Institutionen Europas ist ein kostbares Gut. Es muss zurückgewonnen werden: zuallererst durch Transparenz in der Selbstvergewisserung.

Die Verlockung, für Geld und Geschenke politische Entscheidungen zu beeinflussen, war ja da, ging gleichsam im Haus ein und aus.

Stephan-Andreas Casdorff, Herausgeber des Tagesspiegels

Dass die sozialdemokratische Fraktion besonders getroffen ist, heißt nicht, dass andere nicht auch betroffen sein könnten. Die Verlockung, für Geld und Geschenke politische Entscheidungen zu beeinflussen, war ja da, ging gleichsam im Haus ein und aus.

Deshalb gilt es schon mal, Kontakte von Abgeordneten zu Regierungen aus dem EU-Ausland zu überprüfen. Nicht, weil die Annahme wäre, alle im Europaparlament seien korrupt – nein, das kann nicht sein, das darf nicht sein, so wird es auch nicht sein. Doch es muss nur schon der Verdacht aus der Welt geschafft werden.

Das Bild vom aufrechten EU-Parlament, das gegen Korruption und für Rechtsstaatlichkeit kämpft, ist beschädigt. Ungarns Regierungschef Viktor Orban hat schon seine Freude daran.

Mit ihm liegt die EU, liegen Brüssel und Straßburg seit Jahren wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit im Streit. Dass er sich jetzt über das Parlament lustig macht – das muss zusätzlicher Antrieb sein.

Zur Selbstvergewisserung gehört auch, dass die Abgeordneten sich neue Regeln geben. Also: eine Vermögenserklärung am Anfang und am Ende jedes Mandats. Transparenz über die Höhe der Nebeneinkünfte. Keine externe Finanzierung ihrer Mitarbeiter:innen.

Und dann das Lobbyregister ausbauen! Wer von ihnen wann, warum und zu wem kommt, ist keine profane Frage. Wer überhaupt kommen darf, erst recht nicht.

Vielleicht sollte man zudem auch die Institution verschlanken, um sie transparenter zu machen. Welche EU-Bürger:innen blicken noch durch bei den Massen von Personal, das ein- und ausgeht?

Schreibt Community-Mitglied Zweiglein

Die EU-Parlamentarier sollten so verfahren, als wollten sie sich insgesamt zu einem Ethikgremium erklären. Das wäre der europäischen politischen Lebensweise angemessen.

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