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Luis Frómeta Compte, Deutsch-Kubaner aus Dresden, sitzt seit 1000 Tagen in Kuba in Haft.

© privat

Freilassung des Deutsch-Kubaners gefordert: Luis Frómeta Compte sitzt seit 1000 Tagen in Haft – wegen eines Handyvideos

Seit 1000 Tagen ist Luis Frómeta Compte aus Dresden politischer Gefangener in Kuba. Seine gesundheitliche Versorgung ist weiter mangelhaft, der Kampf um seine Freilassung dauert an.

Als seine Tochter Maria im September 2021 vor den Altar trat, hätte er an ihrer Seite sein sollen. Als im selben Monat seine Enkeltochter eingeschult wurde, fehlte er. Und als sein Enkelsohn im vergangenen Jahr seinen zehnten Geburtstag feierte, vermisste seine Familie ihn schmerzlich.

Das sind nur einige Meilensteine und Höhepunkte im Leben seiner Familie, die der Deutsch-Kubaner Luis Frómeta Compte verpasst hat. Denn an diesem Freitag hält das kubanische Regime den 61-Jährigen seit nunmehr 1000 Tagen als politischen Gefangenen fest – und damit von seiner Frau, seinen beiden Töchtern und seinen zwei Enkeln in Dresden getrennt.

Während im Juli 2021 Tausende Kubanerinnen und Kubaner auf die Straßen gegangen waren, um gegen die verheerende Wirtschaftslage und die politische Unterdrückung in dem autokratisch geführten Karibikstaat zu protestieren, hatte er eine Demonstration mit seinem Handy gefilmt. Die Polizei nahm ihn fest, und ein Gericht verurteilte ihn zu 25 Jahren Haft. Nach einem Revisionsverfahren blieben 15 Jahre übrig.

Das Regime in Havanna betrachtet ihn als kubanischen Staatsbürger, doch Frómeta Compte hatte vor seiner Festnahme seit 1985 in Deutschland gelebt und besitzt bereits seit 1997 auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Das macht seinen Fall unter den mehr als 1000 politischen Gefangenen auf der Karibikinsel besonders.

Im vergangenen November hatten Mithäftlinge in dem Hochsicherheitsknast in Havanna ihn schwer verletzt. Sie verprügelten ihn und versuchten, ihm die Nase abzuschneiden, wie der Tagesspiegel damals berichtete. Bis Ende Januar war er daraufhin auf der Krankenstation des Gefängnisses und wurde medizinisch lediglich oberflächlich versorgt.

Frómeta Compte leidet unter Schmerzen in den Armen

Inzwischen ist er wieder in einer Zelle mit 30 Mithäftlingen. Vergangene Woche Dienstag konnte seine Tochter Janie Frómeta Compte zuletzt mit ihm sprechen. „Alle zwei bis drei Monate darf er sich melden“, erzählt sie am Telefon. Immerhin dies habe sich verbessert, seit er im November angegriffen worden war. Aber das könne sich auch schnell wieder ändern. Da seien sie der Willkür der Gefängnisverwaltung ausgesetzt.

Wie geht es ihm? Seine Verletzungen im Gesicht seien gut verheilt, doch die medizinische Versorgung sei weiterhin katastrophal, und er habe starke Schmerzen in den Armen. Einen Arzt aufsuchen dürfe er trotzdem nicht. „Wir haben immer Angst vor dem nächsten Anruf. Denn der Jüngste ist er nicht mehr, und wenn was Akutes sein sollte, könnte seine Zeit ablaufen“, sagt seine Tochter.

Maria (l) und Janie (r) Frometa Compte, Töchter des inhaftierten Deutsch-Kubaners Luis Frometa Compte, und Silke Frometa Compte, Ehefrau, stehen am Rande einer Kundgebung im Alaunpark und halten ein Foto von Luis Frometa Compte.

© dpa/Sebastian Kahnert

Seinen Gefängnisalltag schildere er so: „Einmal am Tag darf er für eine Stunde auf den Hof, sofern gutes Wetter ist“, sagt seine Tochter. Zwar gebe es eine Bibliothek, aus der sich die Gefangenen Bücher leihen können, doch in den Regalen stehe fast nur kommunistische Literatur – und auf die habe er keine Lust. „Anfangs hatten wir ihm mal ein Englischbuch mitgebracht, doch das haben sie ihm weggenommen.“ Auch ein Tagebuch habe er mal begonnen, doch auch das hätten sie konfisziert. Briefe schreiben oder empfangen darf er ebenso wenig.

Die Verzweiflung wächst

„Als wir am Dienstag gesprochen haben, hat er darum gebeten, dass wir für ihn weiterkämpfen.“ Er wünsche sich Gerechtigkeit – und natürlich, endlich nach Hause kommen zu dürfen. Dass aktuell wieder gegen die Regierung protestiert wird, habe sich im Gefängnis herumgesprochen – und ihm Mut gemacht.

„Ich versuche immer, ganz viel positive Energie in diese zwei, drei Minuten zu stecken, die wir sprechen dürfen“, sagt Janie Frómeta Compte. Das gebe ihm Kraft. Doch je länger die Haft andauert, desto größer wird die Verzweiflung. Sie wisse kaum noch, was sie tun könne. „Ich bin mit meinem Latein am Ende.“

Bis zum Bundespräsidenten und Bundeskanzler hoch haben alle den Fall gegenüber den kubanischen Autoritäten angesprochen, sagt der politische Pate von Luis Frómeta Compte, der Dresdner CDU-Bundestagsabgeordnete Lars Rohwer, dem Tagesspiegel.

Janie Frómeta Compte selbst hatte sich vor anderthalb Jahren mit dem höchsten Geistlichen auf Kuba getroffen, denn über die Kirche wurden in der Vergangenheit immer mal wieder Freilassungen von politischen Gefangenen erwirkt. Doch auch daraus ergab sich nichts.

CDU-Politiker Rohwer kämpft für humanitäre Lösung

Ihre Ansprechpartner in der deutschen Botschaft auf Kuba versichern ihr, den Fall ihres Vaters bei jeder Gelegenheit mit kubanischen Offiziellen anzusprechen, erzählt sie. Vonseiten Havannas bestehe jedoch kein Redebedarf, heißt es. Das Ministerium von Annalena Baerbock (Grüne) schreibt auf Anfrage: „Das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft Havanna begleiten den Fall von Herrn Frómeta Compte sehr eng und setzen sich weiter intensiv für ihn ein.“

Dass Andersdenkende in Kuba weggesperrt werden, darin sieht der CDU-Politiker Rohwer Programm. Doch an Luis Frómeta Compte werde ein Exempel statuiert, sagt er. „Es ist eine klare Menschenrechtsverletzung, dass die Deutsche Botschaft bis heute keinen Zugang zu ihm bekommen hat.“

Luis Frómeta Compte besitzt seit 1997 die deutsche Staatsbürgerschaft.

© privat

Er bemühe sich um eine humanitäre Lösung. Darum, dass Frómeta Compte nach Deutschland überstellt wird, um hier medizinisch behandelt werden zu können. Doch seit drei Jahren gebe es kein Nachgeben von den kubanischen Behörden. Er geht davon aus, dass nur persönliche Gespräche – auf Flughöhe des Kabinetts – in Kuba weiterhelfen. Und wenn eine Lösung gefunden werde, dann nicht auf der großen Bühne. „Das ist auch vollkommen in Ordnung so. Das bedeutet aber auch, dass wir dafür auf die Bundesregierung und Ihr Handeln vertrauen müssen.“

Und in der Zwischenzeit sei seine Mindesterwartung, dass Frómeta Comptes gesundheitliche Probleme adäquat versorgt werden und ihm regelmäßiger Kontakt zu seinen Verwandten und Vertrauten ermöglicht wird. „Aber wenn ein Mensch unschuldig im Gefängnis sitzt, kann die eigentliche Forderung nur sein, diesen schleunigst freizulassen!“, so Rohwer.

Freilassung von Frómeta Compte gefordert

Das fordert zu seinem 1000 Tag in Haft auch die für Frómeta Compte kämpfende Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). „Luis Frómeta Compte ist ein unbescholtener deutscher Staatsbürger, der zur falschen Zeit am falschen Ort war und seit 1000 Tagen unschuldig auf Kuba inhaftiert ist“, erklärt Edgar Lamm, Vorsitzender der IGFM. „Die IGFM fordert die sofortige Freilassung von Luis Frómeta Compte und dessen Schwager Aldo Delgado Romero sowie aller politischen Gefangenen auf Kuba.“

Außerdem rufen die IGFM und Frómeta Comptes Töchter zu einer Kampagne in den sozialen Medien auf. „Mit dem Hashtag #FreeLuis kann sich jede an seiner Freilassung interessierte Person mit der konkreten Forderung für Luis‘ Freilassung online einbringen“, heißt es in einer Mitteilung. Ein Einlenken Kubas könnte für die Familie jedenfalls kaum passender kommen als in nächster Zeit. Im September steht nämlich wieder ein Höhepunkt an. Luis Frómeta Comptes Tochter Janie ist schwanger, erwartet sein drittes Enkelkind. Er habe geweint, als er es am Telefon erfahren hat, sagt sie. „Ich hoffe, dass er bis zur Geburt wieder bei uns ist.“

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