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„Wir erleben heute ein europäisches Momentum“: EU-Staaten einigen sich auf Verschärfung der Asylpolitik
Die Länder wollen Einreisen von Migranten verhindern und die Zahl der Abschiebungen erhöhen. Dazu soll auch mehr Druck auf die Schutzsuchenden ausgeübt werden.
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In Sachen Migration geben in Brüssel inzwischen die Hardliner den Kurs vor. Aus diesem Grund haben sich am Montag die EU-Innenminister bei ihrem Treffen ohne große Kontroversen auf die Verschärfung zentraler Regelungen geeinigt. So sollen etwa Asylsuchende aus den nordafrikanischen Ländern Marokko, Tunesien und Ägypten schneller dorthin abgeschoben werden können.
Zudem wurde die Liste der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten verlängert, auf der jetzt auch das Kosovo, Kolumbien, Indien und Bangladesch zu finden sind. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Menschen automatisch in diese Länder abgeschoben werden. Es muss weiterhin stets der Einzelfall geprüft werden, dies geschieht aber in einem beschleunigten Verfahren.
Auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte sich für eine Verschärfung der Migrationspolitik in der EU starkgemacht. „Wir erleben heute ein europäisches Momentum“, betonte er am Rande des Treffens in Brüssel und zeigte sich zufrieden, dass auch die Mehrheit der anderen EU-Staaten die neuen Regelungen unterstützt. „Heute sind wir an dem Punkt, dass wir in Europa eine Neuordnung der Migrationspolitik umsetzen“, sagte Dobrindt. Es gehe um „Kontrollkurs und klare Kante, auch in Europa“.
Zu Verschärfung gehört auch, dass sich die EU-Innenminister auf eine gemeinsame Position in Fragen der sicheren Drittstaaten geeinigt haben. Ziel dieser Regelung ist es, das europäische Asylsystem zu entlasten, indem Menschen in Nicht-EU-Länder abgeschoben werden, um dort ihr Asylverfahren abzuwarten. Auf dieser Basis können etwa sogenannte Rückführungszentren in Ländern außerhalb der Unionsgrenzen aufgebaut werden.
Die bisherige Regelung verlangt, dass Asylsuchende eine enge Verbindung zu einem solchen Drittstaat haben, etwa durch Familienangehörige oder einen längeren Aufenthalt. Dem Vorschlag der EU-Staaten nach könnte es zukünftig schon reichen, wenn ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und dem Drittstaat besteht. Schutzsuchende können demnach auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und zu denen sie keine familiäre, kulturelle oder sonstige Bindung haben. So gibt es etwa eine niederländische Initiative für ein solches Zentrum in Uganda, an dem auch Deutschland sich beteiligen könnte. Kritiker zweifeln allerdings daran, dass solche Zentren mit europäischem Recht vereinbar sind.
Die EU-Staaten wollen aber auch in den Ländern selbst den Druck auf abgelehnte Asylbewerber erhöhen und Abschiebungen effizienter abwickeln. Denn noch immer kommt etwa von kommunaler Ebene in Deutschland die Klage, dass die Rückführungen zu kompliziert sind und deshalb zu viele Menschen ohne Bleiberecht im Land sind. Diese abgelehnten Asylsuchenden sollen nun in Zukunft neue Pflichten erhalten und bei mangelnder Kooperation mit den Behörden mit Leistungskürzungen rechnen müssen.
Die EU-Innenminister haben auch beschlossen, dass 21.000 Asylbewerber von besonders belasteten Ländern auf andere Staaten verteilt werden sollen. Dazu wird ein sogenannter Solidaritätspool eingerichtet. Die zentrale Frage haben sie allerdings nicht geklärt: welche Länder die Menschen aufnehmen werden. Hier ist Streit programmiert.
Die Vorgaben der EU-Innenminister sind allerdings nicht das letzte Wort, zuvor muss noch das Europäische Parlament abstimmen. Aber auch dort hat sich die Situation in Migrationsfragen grundlegend geändert. Seit der Europawahl im vergangenen Jahr sind die konservativen und extremen rechten Abgeordneten in der Mehrheit und könnten nun die EU-Vorgaben verschärfen.
Zustimmung bei der Union, Empörung bei der SPD
In diesem Sinne hat sich etwa der Innenausschuss des Parlaments bereits Anfang Dezember auf neue Regelungen bei den sicheren Drittstaaten geeinigt. Danach betonte die Europaparlamentarierin Lena Düpont (CDU): „Mit dem heute verabschiedeten Konzept der sicheren Drittstaaten gehen wir einen weiteren entscheidenden Schritt, um Europas Asylsystem endlich funktionsfähig zu machen.“
Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel zeigte sich allerdings empört. Die Sozialdemokratin kritisiert, dass mit der geplanten Verschärfung für die Drittstaatenregelung „die Axt an das Grundrecht auf Asyl“ gelegt werde. Auch sie befürchtet, dass die neuen Vorgaben im Parlament mit einer konservativ-rechten Mehrheit verabschiedet werden. Die würden dann im Sommer kommenden Jahres in Kraft treten können.
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