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Donald Trump.

© AFP/SAUL LOEB

Kein Friedensnobelpreis für Trump: Das Komitee sendet ein deutliches Signal an den US-Präsidenten

Mit der Auswahl der venezolanischen Dissidentin María Corina Machado als Friedensnobelpreisträgerin ist auch eine Botschaft an Donald Trump verknüpft. Nur nicht die, die er sich gewünscht hätte.

Anja Wehler-Schöck
Ein Kommentar von Anja Wehler-Schöck

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Es ist gekommen, wie viele es erwartet hatten: Das Nobelpreiskomitee in Oslo hat nicht etwa US-Präsident Donald Trump, sondern eine „stille“ Preisträgerin ausgewählt. Eine, die nicht auf die Idee gekommen wäre, eine Lobbykampagne in eigener Angelegenheit zu starten. Weil es ihr – wie vermutlich den meisten, die sich weltweit für Frieden engagieren – nicht um eine Auszeichnung geht. Sondern um die Sache.

María Corina Machado kämpft in ihrer Heimat Venezuela seit mehr als zwei Jahrzehnten für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Gegen die brutale Diktatur – zunächst gegen die von Hugo Chávez und seit dessen Tod 2013 gegen die von Nicolás Maduro. Ob die 58-Jährige den Friedensnobelpreis am 10. Dezember in Oslo selbst in Empfang nehmen können wird, ist alles andere als gewiss. Aufgrund ihres Engagements muss sie um ihr Leben fürchten und lebt versteckt in ihrem Land.

Die Auszeichnung Machados, betont das Komitee, sei nicht nur eine Würdigung ihres Einsatzes und der venezolanischen Opposition. Vielmehr gelte sie allen, die weltweit ihr Leben riskierten, um für Meinungsfreiheit, kritische Medien, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzutreten.

Die Dringlichkeit dieses Appells könnte größer nicht sein. 40 Prozent der Weltbevölkerung leben in Autokratien, Tendenz steigend. Aufzuhalten ist dieser Trend nur durch Menschen wie Machado. Die Mut zeigen statt Anspruchsdenken. Die persönliche Opfer in Kauf nehmen, statt sich zu bereichern.

Das Nobelkomitee sendet mit seiner Auswahl somit auch ein Signal demjenigen, der sich den Preis am lautstärksten gewünscht hatte: Donald Trump. Allerdings nicht das Signal, das er sich gewünscht hätte. „Wenn autoritäre Herrscher die Macht ergreifen, kommt es auf diejenigen an, die sich erheben und Widerstand leisten“, mahnte der Vorsitzende Jørgen Watne Frydnes bei der Verkündung.

Bis zum 31. Januar nimmt das Komitee Nominierungen für den nächsten Preis entgegen. 113 Tage noch, in denen Trump zeigen könnte, dass er die Auszeichnung verdient hat.

Statt seine Feinde „zu hassen“, könnte er ihnen die Hand ausstrecken. Statt Kritiker zum Schweigen zu bringen, ihnen den Dialog anbieten. Statt Städte zum „Trainingsgelände“ für das US-Militär zu erklären, den Austausch mit Bundesstaaten und Kommunen suchen, um ihre Probleme zu verstehen und zu lösen.

Statt die Wirtschaften selbst ärmster Länder mit Zöllen in die Knie zu zwingen, fairen Handel mit ihnen gestalten. Statt sich auf lukrative Deals zu konzentrieren, die Machtfülle der US-Präsidentschaft zum Wohle der Menschheit einsetzen. Kurz: beweisen, dass er im Sinne des Stifters Alfred Nobel handelt.

Vorige Sünden müssen einem Preis nicht im Weg stehen. Dass das Nobelkomitee wenig nachtragend ist, hat es wiederholt bewiesen. Nicht zuletzt 1973 bei US-Außenminister Henry Kissinger, der zu diesem Zeitpunkt bereits US-Bombenangriffe auf Kambodscha und die Unterstützung der chilenischen Militärdiktatur zu verantworten hatte. Und es verteilt auch mal Vorschusslorbeeren. So geschehen etwa bei Barack Obama, der nach neun Monaten als US-Präsident nicht einmal selbst das Gefühl hatte, den Preis verdient zu haben.

Allzu große Hoffnungen auf eine Trump’sche Kurskorrektur sollte man indes nicht hegen. In bekannter Manier wird sich der US-Präsident vermutlich beleidigt zeigen. Nach der Bekanntgabe der Preisträgerin gratulierte das Weiße Haus María Machado nicht etwa. Sondern es ließ verlauten, dass man in Oslo wohl mehr Wert auf Politik als auf Frieden lege. Und wenn norwegische Politiker sich um mögliche Vergeltungsakte der USA für die Entscheidung des Nobelkomitees sorgen, klingt das heute längst nicht mehr absurd.

Und so sollte man für den Friedensnobelpreis im kommenden Jahr nicht unbedingt auf Trump wetten. Vielleicht aber auf die USA. Nämlich auf eine derjenigen Stimmen, die sich gegen die schleichende Autokratisierung auflehnt, die der US-Präsident betreibt. Eine Stimme, die wie María Machado und ihre Mitstreiter weltweit sagt: Ich schaue nicht tatenlos zu, wie Demokratie und Rechtsstaat in meinem Land zerstört werden.

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