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Ein zerstörtes Bildnis von Ministerpräsidentin Scheich Hasina.

© REUTERS/MOHAMMAD PONIR HOSSAIN

Update

Ministerpräsidentin flieht offenbar nach Indien: Präsident von Bangladesch löst Parlament auf

Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Tausende Menschen in den Regierungspalast in der Hauptstadt Dhaka eindrangen. Studenten fordern die Einsetzung des Nobelpreisträgers Muhammad Yunus.

Stand:

Einen Tag nach der Flucht der langjährigen Regierungschefin Scheich Hasina aus Bangladesch hat der Präsident des Landes das Parlament aufgelöst. Das teilte der Pressesprecher von Präsident Mohammed Shahabuddin am Dienstag in einer Erklärung mit. Das Staatsoberhaupt kam damit einer zentralen Forderung der Studenten nach, die die wochenlangen Massenproteste gegen die Regierung von Hasina angeführt hatten.

Anführer der Studentenproteste haben sich für den Nobelpreisträger Muhammad Yunus als Chef einer neuen Übergangsregierung ausgesprochen. Yunus genieße „breite Akzeptanz“, erklärte die Bewegung Studenten gegen Diskriminierung (SAD). Armeechef Waker-Uz-Zaman wollte am Dienstag mit den Studenten über den Vorschlag beraten.

Der „international anerkannte“ Yunus könnte leitender Berater einer Interimsregierung sein, sagte Nahid Islam, Anführer der Studentenvereinigung SAD, in einer Videobotschaft. „Wir vertrauen Dr. Yunus“, erklärte Asif Mahmud, ein weiterer SAD-Anführer. Yunus selbst äußerte sich bislang nicht öffentlich dazu.

Die regierungskritischen Demonstranten in Bangladesch hatten zuvor den Amtssitz von Ministerpräsidentin Scheich Hasina gestürmt. Auf Fernsehbildern war am Montag zu sehen, wie Tausende Menschen in den Regierungspalast in der Hauptstadt Dhaka eindringen. Die Regierungschefin hatte diesen nach Angaben aus ihrem Umfeld zuvor verlassen.

Aus Regierungskreisen verlautete, dass Hasina und ihre Schwester in Sicherheit gebracht worden seien. Laut einem Bericht der Tageszeitung „Prothom Alo“ soll die 76-Jährige mit einem Hubschrauber nach Indien geflohen sein. Die Lage im Land sei explosiv, sagte Justizminister Anisul Huq zu Reuters. Er wisse nicht, was noch geschehe.

Armeeangaben zufolge soll Hasina als Regierungschefin zurückgetreten sein. Eine Übergangsregierung werde übernehmen, erklärte Armeechef Waker-Uz-Zaman in einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede an die Nation. Offiziell bestätigt ist dies allerdings nicht.

Für die Bildung werde er mit den wichtigsten Oppositionsparteien sowie Vertretern der Zivilgesellschaft sprechen – nicht aber mit der Partei von Hasina. „Ich übernehme die volle Verantwortung“, betonte Waker-Uz-Zaman. Er hoffe, dass sich die Lage im Land nun beruhige.

Stürmung des Regierungspalasts in Dhaka

Die vom Fernsehsender Kanal 24 verbreiteten Bilder zeigten, wie die Demonstranten zu Tausenden in den Palast von Hasina eindringen. Anschließend beginnen sie zu feiern und winken in die Kameras. „Sie ist geflohen, sie ist geflohen“, riefen manche. Viele zeigten das Victory-Zeichen.

Trotz einer Ausgangssperre hatten Studenten für Montag zu einem Marsch auf die Hauptstadt Dhaka aufgerufen, um den Druck auf Hasina für einen Rücktritt zu erhöhen.

Tags zuvor waren bei den schwersten Ausschreitungen seit der Unabhängigkeit des Landes vor über 50 Jahren 91 Menschen ums Leben gekommen, Hunderte wurden verletzt. Im vergangenen Monat waren Studenten auf die Straßen gegangen, um gegen Quotenregelungen bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst zu protestieren.

Dies hatte sich zu Protesten gegen Hasina ausgeweitet. Rund 10.000 Menschen wurden dabei festgenommen. Hasinas Kritiker werfen der Regierung exzessive Gewalt bei der Unterdrückung der Proteste vor, sie hat dies zurückgewiesen. Bei der Wahl im Januar hatte sie sich die vierte Amtszeit in Folge gesichert. Die Opposition hatte die Abstimmung boykottiert. 

Seit Tagen kommt es in Bangladesch zu schweren Ausschreitungen.

© AFP/Abu Sufian Jewel

Hasina sieht sich seit dem vergangenen Monat mit Massenprotesten konfrontiert, bei denen es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt. Dabei wurden laut einer AFP-Zählung mindestens 300 Menschen getötet, allein am Sonntag starben 94 Menschen.

Der Protestbewegung haben sich mittlerweile Menschen aus allen Bevölkerungsschichten angeschlossen, unter anderem Filmstars, bekannte Musiker und ehemalige Generäle haben ihre Unterstützung ausgedrückt.

Auch 47 Firmen der für die Wirtschaft des Landes wichtigen Textilbranche haben sich mit den Demonstrierenden solidarisiert.

Die deutsche Bundesregierung erklärte, sie rate dringend von Reisen in das südasiatische Land ab. Derzeit habe sich eine niedrige dreistellige Zahl von Deutschen in Bangladesch in eine Liste des Auswärtigen Amtes eingetragen und werde mit Informationen versorgt. (dpa, AFP, Reuters)

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