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Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro will gegen das Urteil vorgehen.

© Reuters/Adriano Machado

Update

Prozess gegen Ex-Präsidenten: Richter in Brasilien beschließen Amtsverbot für Bolsonaro

Das Oberste Wahlgericht hat dafür gestimmt, dass Bolsonaro bis 2030 kein öffentliches Amt ausüben darf. Ihm wird Machtmissbrauch vorgeworfen. Der spricht von einem „Dolchstoß in den Rücken“.

| Update:

Im Prozess wegen Amtsmissbrauchs gegen den früheren brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro haben fünf von sieben Richtern am Obersten Wahlgericht für einen Amtsausschluss Bolsonaros gestimmt.

Bolsonaro darf damit bis 2030 nicht mehr in ein öffentliches Amt gewählt werden. Bleibt es bei dem Urteil, ist Bolsonaro von der Präsidentschaftswahl im Jahr 2026 ausgeschlossen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Bolsonaro unter anderem Missbrauch seiner politischen Macht vor, was der 68-Jährige allerdings zurückweist.

Bolsonaro muss innerhalb von drei Tagen Berufung einlegen

Bolsonaro zeigte sich nach dem Urteil kämpferisch. Er werde Berufung vor dem Obersten Gericht des Landes einlegen, kündigte Bolsonaro am Freitag an. Die Entscheidung des Wahlgerichts, ihn wegen Amtsmissbrauchs für acht Jahre von politischen Ämtern auszuschließen, bezeichnete er als „Dolchstoß in den Rücken“.

„Ich bin nicht tot, wir werden weiterarbeiten“, sagte der rechtsradikale Ex-Staatschef vor Journalisten in der Stadt Belo Horizonte. Mit dem Urteil des Wahlgerichts befinde sich das Land „auf dem Weg zur Diktatur“, kritisierte der 68-Jährige. Doch stelle das Urteil „nicht das Ende der Rechten in Brasilien“ dar.

Bolsonaro könnte aus verfahrenstechnischen Gründen Rechtsmittel gegen die Entscheidung direkt beim Obersten Wahlgericht eingelegen oder das Urteil vor dem Obersten Gerichtshof auf Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen. Beide Berufungen müssen innerhalb von drei Tagen eingelegt werden.

Das Verfahren war von der linken Demokratischen Arbeiterpartei (PDT) angestoßen worden. Der ehemalige Präsident habe sein Amt missbraucht, Falschinformationen verbreitet und die brasilianischen Institutionen auf dem internationalen Parkett verächtlich gemacht, sagte Parteianwalt Walber Agra.

Die für das Wahlrecht zuständige Generalstaatsanwaltschaft warf Bolsonaro vor, bei einem im Fernsehen übertragenen Treffen mit ausländischen Diplomaten im Juli vergangenen Jahres das brasilianische Wahlsystem in Zweifel gezogen zu haben.

Bolsonaro behauptete, dieses sei nicht sicher und könne manipuliert werden. Beweise für seine Behauptungen legte er allerdings nicht vor. „Er hat das Treffen zu einer Wahlkampfveranstaltung gemacht. Eine Rede dieser Art fällt nicht in den Bereich der Meinungsfreiheit“, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Paulo Gonet.

Bolsonaro streute Zweifel an Brasiliens Wahlsystem

Bolsonaro wies die Vorwürfe zurück. „Ich habe das Wahlsystem nicht angegriffen, ich habe mögliche Probleme aufgezeigt“, sagte er am Freitag. Sein Anwalt Tarcisio Vieira de Carvalho sagte, die Debatte über das Wahlsystem dürfe in einer Demokratie kein Tabuthema sein.

Das Wahlsystem in Brasilien ist vollständig elektronisch und bestand im Mai vergangenen Jahres einen regelmäßig stattfindenden Sicherheitstest des Obersten Wahlgerichts. Bolsonaro streute jedoch immer wieder Zweifel an der Verlässlichkeit des Systems und erkannte seine Wahlniederlage im vergangenen Oktober gegen Luiz Inácio Lula da Silva nie ausdrücklich an.

Wenige Tage nach dem Amtsantritt seines Nachfolgers stürmten radikale Bolsonaro-Anhänger Anfang des Jahres den Kongress, den Regierungssitz und den Obersten Gerichtshof in Brasília und verursachten erhebliche Schäden. Erst nach Stunden brachten die Sicherheitskräfte die Lage wieder unter Kontrolle.

Der Vorsitzende von Bolsonaros Liberaler Partei (PL) kritisierte die Entscheidung des Obersten Wahlgerichts. „Es ist unfassbar, was hier geschieht: Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit verliert ein ehemaliger Präsident seine politischen Rechte, weil er seine Meinung gesagt hat“, schrieb Valdemar Costa Neto auf Twitter. „Lasst uns doppelt so hart arbeiten und unsere Loyalität zu Präsident Bolsonaro zeigen.“(AFP, dpa)

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