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Luiz Fux, Richter am Obersten Gericht Brasiliens (STF), bei der Sitzung zur Urteilsberatung gegen Brasiliens Ex-Präsident Bolsonaro und Mitangeklagte.

© AFP/Evaristo Sa

Putschprozess gegen Brasiliens Ex-Präsidenten: Erster Richter votiert für Freispruch von Bolsonaro – zwei Stimmen stehen noch aus

Dem ehemaligen brasilianischen Staatschef wird ein Putschversuch vorgeworfen. Zwei Richter haben bereits für eine Verurteilung votiert. Ein dritter Richter sieht die Beweislage anders.

Stand:

Bei der richterlichen Abstimmung für ein Urteil im Putschprozess gegen Brasiliens Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro hat es ein erstes Votum gegen eine Verurteilung gegeben. Nachdem zwei Richter bereits dafür gestimmt haben, votierte ein dritter Richter, Luiz Fux, für einen Freispruch.

Fux argumentierte in einer über zehnstündigen Rede, dass nach der Analyse der vorliegenden Beweise keine Grundlage bestehe, Bolsonaro einen Staatsstreich nachzuweisen.

Zuvor hatte er die Zuständigkeit des Obersten Gerichts (STF) für die Strafsache infrage gestellt. Das Gericht sei nicht dafür zuständig, ein „politisches Urteil“ zu fällen.

Nach seiner Auffassung dürfen die acht Angeklagten um Bolsonaro nicht direkt vom STF beurteilt werden, da sie derzeit keine Ämter mit Sonderprivilegien innehaben.

Bolsonaro soll nach seiner Wahlniederlage Ende 2022 mit Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva geplant haben.

Zwei von drei Richtern bisher für Verurteilung Bolsonaros

Richter Fux sieht allerdings keine Beweise dafür, dass die Angeklagten die Ausschreitungen hätten geschehen lassen. Im Gegenteil: Es gebe Hinweise, dass sie, sobald die Zerstörungen begannen, Maßnahmen ergriffen hätten, um die Invasion des Gerichtsgebäudes zu verhindern.

Das Oberste Gericht (STF) in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia.

© REUTERS/Adriano Machado

Zudem habe die Staatsanwaltschaft den Angeklagten nicht nachgewiesen, dass sie eine bewaffnete kriminelle Organisation bildeten. Das Putschvorhaben sei nicht über die „Vorbereitungsphase“ hinausgegangen, so Fux..

Eine gesamtschuldnerische Bestrafung ohne individuelle Zuweisung von Taten sei unzulässig. „Die größte Verantwortung der Richterschaft ist es, bei Gewissheit zu verurteilen – und die Demut zu haben, bei Zweifel freizusprechen“, sagte Fux.

Damit stellte sich Fux gegen die Richter Alexandre de Moraes und Flávio Dino, die schon am Dienstag für eine Verurteilung Bolsonaros gestimmt hatten. Sie bezeichneten den Ex-Präsidenten als „Anführer einer kriminellen Organisation“. Bis zum Urteil können die Richter ihre Position noch ändern.

Bolsonaro drohen mehr als 40 Jahre Haft

Die Juristen legen bis Freitag nacheinander ihre Position dar. Die Stimmen von zwei weiteren Richtern stehen noch aus. Bei der fünfköpfigen Kammer des Obersten Gerichts ist für eine Verurteilung eine Mehrheit von drei Stimmen nötig. Wenn sich eine Mehrheit für einen Schuldspruch finden sollte, werden die Richter anschließend über das Strafmaß beraten.

Bolsonaro drohen bei einem Schuldspruch mehr als 40 Jahre Haft. Neben ihm sind sieben weitere Menschen angeklagt, darunter frühere Minister und Generäle. Es ist das erste Gerichtsverfahren in Brasilien wegen Putschvorwürfen gegen einen früheren Präsidenten.

Die Staatsanwaltschaft wirft Bolsonaro vor, er habe eine „kriminelle Organisation“ angeführt, deren Ziel es gewesen sei, mit einem Putsch das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2022 zu kippen, die Bolsonaro gegen den linksgerichteten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva verloren hatte.

Nach Überzeugung der Anklage hatte Bolsonaro nach seiner Wahlniederlage geplant, in Brasilien den Ausnahmezustand zu verhängen und Neuwahlen anzusetzen – allerdings nicht die Unterstützung der Militärführung gewinnen können.

Zudem soll er von Plänen zur Ermordung von Lula, Vizepräsident Geraldo Alckmin sowie von Moraes gewusst haben. Der Richter gilt seit Langem als Erzfeind von Bolsonaro. Bolsonaro selbst weist alle Vorwürfe zurück und bezeichnet sich selbst als Opfer politischer Verfolgung. (AFP, dpa)

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