
© REUTERS/NATHAN HOWARD
Shutdown in den USA: Deshalb suchen die Demokraten im Haushaltsstreit den Kampf gegen Trump
Die US-Demokraten sind immer unpopulärer, auch bei ihrer Basis – und müssen sich gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner beweisen. Kann das gelingen?
Stand:
Keine Einigung in letzter Sekunde, keine Verhandlungslösung, kein Kompromiss: Als es Mitternacht wurde am Dienstag in Washington DC, stand fest, dass sich der US-Kongress nicht auf einen Übergangshaushalt einigen konnte. Am Mittwoch also begann der „Shutdown“ – der Regierungsbetrieb in den USA läuft nur noch auf Notbetrieb.
Ein dramatischer Streit um den Haushalt ist bei weitem kein neues Phänomen in den USA – im Gegenteil. Beinahe jedes Jahr reizt der Kongress die Zeit aus, bis sich die beiden Parteien dann doch noch einigen können.
Doch in Washington ist die Kompromissbereitschaft zurzeit gering. Über mehrere Tage hinweg zeichnete sich ab, dass man sich diesmal nicht auf einen Haushalt werde einigen können. Und schon geht das „blame game“ los, also die öffentliche Schuldzuweisung an den politischen Gegner.
Doch insbesondere für die Demokraten könnte der jetzige Shutdown eine Möglichkeit sein, sich zu profilieren und ihrer Basis zu zeigen, dass sie noch handlungsfähig gegenüber einem übermächtig scheinenden Gegner sind.
Die Demokraten kämpfen mit schlechten Umfragewerten
Denn nach wie vor kämpft die Partei mit schlechten Umfragewerten und Führungslosigkeit – und sucht verzweifelt nach einem Mittel, um bei den Zwischenwahlen im kommenden Jahr beide Kammern des Kongresses wiederzuerobern, um die Macht von US-Präsident Donald Trump einzudämmen.
Doch mit der Blockade gehen sie auch ein Risiko ein. Denn wer am Ende in der amerikanischen Öffentlichkeit die Schuld für den Shutdown tragen muss, ist noch nicht ausgemacht.
Denn für die USA bedeutet der Haushaltsstreit nun erst einmal Stillstand. Etwa 750.000 bis 800.000 Bundesangestellte könnten in den Zwangsurlaub geschickt werden. Der Shutdown trifft Behörden und Militär, auch der Betrieb von Nationalparks und Dienstleistungen, etwa bei der Vergabe von Studienkrediten oder Lebensmittelhilfe, dürften wegfallen.
Personal beim Grenzschutz, der medizinischen Versorgung in Krankenhäusern, und etwa der Luftverkehrskontrolle dürfte während der Unterbrechung weiterarbeiten. Doch natürlich sind Shutdowns bei der Bevölkerung notorisch unbeliebt.
Der längste Shutdown stammt aus Trumps erster Amtszeit
Seit 1981 kam es insgesamt 14 Mal zu einem Stillstand der Bundesregierung, oft dauerten diese Phasen nur wenige Tage. Der letzte Stillstand stammt noch aus der Zeit von Trumps erster Präsidentschaft – und war mit 35 Tagen zugleich der längste. Er dauerte von Dezember 2018 bis in den Januar 2019. Es war der zweite Haushaltsstillstand in Trumps erster Amtszeit.
Wie damals hing auch diesmal die Zustimmung an Forderungen, die die jeweils andere Seite nicht erfüllen wollte. Die Demokraten wollten erreichen, dass Kürzungen bei der Gesundheitsversorgung für Menschen mit geringem Einkommen wieder rückgängig gemacht werden. Diese waren Teil der „Big Beautiful Bill“, Trumps großem Steuergesetz, das im Juli vom Kongress verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet worden war. Die Republikaner lehnten dies ab.
Die Minderheitsführer in Senat und Repräsentantenhaus, Chuck Schumer und Hakeem Jeffries, waren sogar zu Verhandlungen mit Trump im Weißen Haus. Kurz danach postete der US-Präsident auf seinem eigenen Social-Media-Kanal ein offenbar KI-generiertes Video, auf dem beide zu sehen sind.
Jeffries trägt dabei einen Sombrero und einen Schnauzbart, während Schumer neben ihm sagt, dass Migranten ohne Papiere eine „kostenlose Gesundheitsversorgung“ bekommen sollten.
Diese von vielen als stillos und rassistisch empfundene Verhöhnung brachte Jeffries jedoch nicht aus der Ruhe. „Bigotterie wird Ihnen nichts nützen. Streichen Sie die Kürzungen. Senken Sie die Kosten. Retten Sie das Gesundheitswesen. Wir geben NICHT nach“, schrieb er auf der Plattform X.
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Und die Partei blieb diesmal hart. Dabei dürften ihr noch die Verhandlungen aus dem März nachhängen. Der Senat unter Minderheitsführer Chuck Schumer hatte damals dem Haushalt der Republikaner zugestimmt – und damit großen Frust bei der eigenen Basis ausgelöst.
Schumer wurde als Umfaller kritisiert. Die Erwartung vieler Demokraten war, dass man sich einem immer autoritärer werdenden Präsidenten Trump entgegenstellt, was nun der Fall zu sein scheint.
Statt auf Kompromisse und Zusammenarbeit zu setzen, wählen die Demokraten nun eine offene Oppositionshaltung gegenüber den Republikanern.
Christian Lammert, Professor für Politikwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin.
Gerade mit Blick auf die Zwischenwahlen im kommenden Jahr braucht die Partei nun ein Profil und eine klare Linie, um die Republikaner im US-Kongress abzulösen.
„Statt auf Kompromisse und Zusammenarbeit zu setzen, wählen die Demokraten nun eine offene Oppositionshaltung gegenüber den Republikanern“, sagt Christian Lammert, Professor für Politikwissenschaft am John-F.-Kennedy-Institut der FU Berlin.
„Sie wollen ein Signal setzen, dass sie nicht mehr bereit sind, beim Thema Haushalt unter Druck Bedingungen zu akzeptieren, die zentrale sozial- und klimapolitische Anliegen gefährden.“ Damit verfolge die Partei explizit das Ziel, ihre Rolle als gesellschaftliche Gegenspielerin zu Trumps Kurs sichtbar zu machen und die eigene Basis zu mobilisieren.
Die Frage, ob diese Strategie erfolgreich ist, kann allerdings noch nicht beantwortet werden. Zunächst scheint das Momentum auf ihrer Seite zu sein. Jüngste Umfragen, unter anderem vom öffentlich-rechtlichen Sender NPR, zeigen, dass die Amerikaner vor allem den Republikanern die Schuld am Stillstand geben.
Donald Trump droht mit Massenentlassungen
Doch die Auswirkungen des Shutdowns werden in der Regel erst nach ein paar Tagen wirklich spürbar.
„Die Demokraten nehmen damit bewusst das Risiko in Kauf, kurzfristig zu polarisieren, um sich langfristig von einem als nachgiebig kritisierten Kurs zu lösen“, sagt Christian Lammert
Und dann ist da noch Donald Trump. Der US-Präsident drohte bereits damit, die derzeitigen Freistellungen permanent zu machen und massenhaft Leute zu entlassen.
Der Abbau der Bürokratie gehört zu den Kernthemen in seiner zweiten Amtszeit. Doch sollte er tatsächlich in großem Stil Leute entlassen, könnte ihm das langfristig schaden, sagt Jared Sonnicksen, Professor für Politische Wissenschaft an der RWTH Aachen und Experte für amerikanische Politik. „Das Thema Bürokratieabbau kommt zwar eigentlich gut an. Aber konkret betrifft das immer einzelne Schicksale“, sagt er.
Dienstleistungen in den Arbeitsbereichen des Staates fielen nun weg. „Und das kann auch nach hinten losgehen, je nachdem, wo diese Kürzungen treffen und welches Personal das betrifft.“
Zudem seien die Jobs gut bezahlt – und über das ganze Land verteilt. „Einzelne Bezirke in den USA, Städte oder Regionen, würden diese Entlassungen spüren.“
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