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Sicherheit und Migration dominierten Wahlkampf: Rechtspolitiker Kast gewinnt Präsidentschaftswahl in Chile
Der deutschstämmige Rechtspolitiker Kast wird Chiles nächster Präsident. Tausende feierten seinen klaren Sieg. Was bedeutet das für das südamerikanische Land?
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Der deutschstämmige Politiker José Antonio Kast hat die Stichwahl um das chilenische Präsidentenamt klar gewonnen. Der 59-Jährige setzte sich am Sonntag mit gut 58 Prozent der Stimmen gegen die kommunistische Kandidatin Jeannette Jara durch. Chile steht damit vor der tiefgreifendsten politischen Wende seit dem Ende der Militärdiktatur 1990. Im Wahlkampf dominierten die Themen Sicherheit und illegale Migration.
Nach Auszählung von mehr als 95 Prozent der Stimmen kam der Kandidat der Republikanischen Partei auf 58,30 Prozent, wie die Wahlbehörde mitteilte. Seine Kontrahentin Jara erhielt 41,70 Prozent und räumte noch am Wahlabend (Ortszeit) ihre Niederlage ein. „Die Demokratie hat laut und deutlich gesprochen“, schrieb sie auf der Plattform X, nachdem sie Kast telefonisch gratuliert hatte. Sie kündigte zugleich eine entschiedene Opposition gegen die neue rechte Regierung an.
„Chile möchte einen Wandel“, sagte Kast in seiner Siegesrede vor Tausenden Anhängern in der Hauptstadt Santiago de Chile. „Und ich sage Ihnen, ja, Chile wird einen echten Wandel erleben.“ Die Hoffnung, ohne Angst zu leben, habe gewonnen. „Wir werden die Achtung vor dem Gesetz wiederherstellen“, versprach der künftige Präsident.

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Tausende Menschen strömten nach der Wahlentscheidung auf die Straßen der Hauptstadt, um den Sieg zu feiern. Sie schwenkten chilenische Flaggen, riefen „Kast, Präsident“ und fuhren laut hupend mit ihren Autos durchs Stadtzentrum. Viele Anhänger skandierten nach AFP-Angaben zudem den Namen von Chiles langjährigem Diktator Augusto Pinochet.
Glückwünsche aus Washington und Buenos Aires
US-Außenminister Marco Rubio gratulierte dem Wahlsieger. „Die Vereinigten Staaten freuen sich auf die Zusammenarbeit mit seiner Regierung, um die regionale Sicherheit zu stärken und unsere Handelsbeziehungen wiederzubeleben“, schrieb Rubio auf X. Die US-Regierung sei zuversichtlich, dass Chile unter Kast „gemeinsame Prioritäten voranbringen“ werde, unter anderem „die Beendigung der illegalen Einwanderung“.
Auch der ultraliberale argentinische Präsident Javier Milei gratulierte seinem „Freund“ Kast. Er sprach von einem weiteren Schritt zugunsten der Freiheit und des Privateigentums in Lateinamerika. „Ich freue mich riesig über den überwältigenden Sieg“, schrieb Milei auf X.
Sohn eines NSDAP-Mitglieds aus Bayern
Für Kast war es bereits der dritte Präsidentschaftswahlkampf. Der neunfache Vater und strenggläubige Katholik stammt aus einer einflussreichen Familie. Mehrere seiner Geschwister waren wie er Abgeordnete oder Senatoren, ein Bruder diente während der Militärdiktatur von Augusto Pinochet als Präsident der Zentralbank.
Kasts Vater – ein ehemaliger Wehrmachtsoffizier und NSDAP-Mitglied aus Bayern – war nach dem Zweiten Weltkrieg nach Chile ausgewandert und hatte eine Fabrik für Fleisch- und Wurstwaren gegründet.
Sicherheit und Migration dominierten den Wahlkampf
Im Mittelpunkt des Wahlkampfes standen die Themen Sicherheit und Migration. Obwohl Chile noch immer eines der sichersten Länder der Region ist, hat die Kriminalität in einigen Bereichen zugenommen. Laut einer Umfrage sorgen sich 63 Prozent der erwachsenen Chilenen um die Sicherheitslage – mehr als beispielsweise in Mexiko und Kolumbien, wo es deutlich mehr Kriminalität gibt.

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Zudem ist der Anteil der Migranten in Chile zuletzt auf rund zehn Prozent der Bevölkerung gestiegen – der größte Teil stammt aus dem Krisenland Venezuela. Von Venezolanern verübte Gewaltverbrechen und die Präsenz venezolanischer Banden schüren bei vielen Chilenen Angst.
Kast hat ein hartes Vorgehen gegen Kriminalität und illegale Migration angekündigt. Der Jurist will die Grenzen stärker sichern und das Militär in Vierteln mit hoher Kriminalitätsrate einsetzen sowie Grenzmauern und -gräben errichten. Die irreguläre Einreise soll zu einer Straftat werden, Migranten ohne Papiere will er abschieben. Zudem kündigte er den Bau neuer Gefängnisse an.

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Um die Wirtschaft anzukurbeln, plant Kast, die Unternehmenssteuer zu senken und die öffentlichen Ausgaben deutlich zu reduzieren.
Konservative Gesellschaftspolitik
Der Politiker steht auch für eine konservative Gesellschaftspolitik. Die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und mehr Rechte für die Mitglieder indigener Völker lehnt Kast ab. Zudem lehnt er Abtreibung und Scheidung ab. In den meisten sozialpolitischen Themen steht Kast damit weiter rechts als die Mehrheit der Chilenen.
Kast relativierte auch die Verbrechen der Militärdiktatur und sagte etwa im Wahlkampf 2021: „Wenn Pinochet noch lebte, würde er mich wählen.“ Zuletzt mäßigte er seinen Ton allerdings und wurde dadurch für breitere Schichten wählbar. Am Wahltag kündigte er an, der „Präsident aller Chilenen“ sein zu wollen.
Durchwachsene Bilanz der linken Regierung
Der amtierende linke Präsident Gabriel Boric war vor vier Jahren gewählt worden, um die starken sozialen Unterschiede zu beheben sowie das Bildungs- und Gesundheitswesen zu verbessern. Boric gratulierte dem Wahlsieger. Zwar konnte die Regierung einige Erfolge erzielen, wie die Umsetzung einer Rentenreform und die Senkung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden. Bei anderen Themen wie einer Steuerreform und der Verbesserung der Sicherheitslage kam sie jedoch nicht voran.
Kast wird am 11. März 2026 als Nachfolger von Boric die Regierungsgeschäfte für vier Jahre übernehmen. Rund 15,8 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen – in Chile gilt Wahlpflicht.
Mit Kast haben die Chilenen nun den am weitesten rechts stehenden Präsidenten seit dem Ende der Militärdiktatur vor 36 Jahren gewählt. Zuletzt hatten Rechte und Konservative auch in Argentinien, Bolivien, Honduras, El Salvador und Ecuador Wahlsiege eingefahren. (Tsp/dpa/AFP/Reuters)
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