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Ein Demonstrant trägt eine Yoon-Maske.

© REUTERS/Kim Hong-Ji

Update

Staatskrise in Südkorea spitzt sich zu: Polizei wirft Präsidialamt Behinderung der Ermittlungen gegen Präsident Yoon vor

Laut Polizei war es bislang nicht möglich, das Präsidialamt zu durchsuchen. Derweil will die Opposition am Samstag erneut über eine Amtsenthebung von Yoon abstimmen lassen.

Stand:

In Südkorea stoßen Ermittlungen nach dem zwischenzeitlich von Präsident Yoon Suk Yeol angeordneten Kriegsrecht auf Widerstand und verschärfen damit die Regierungskrise. Entgegen ursprünglichen Angaben konnte die Polizei das Präsidialamt am Mittwoch nicht durchsuchen, berichtete die Nachrichtenagentur Yonhap.

Demnach konnte sich die Polizei nicht mit dem Geheimdienst auf die Modalitäten einigen. Die Polizei nahm zu den Angaben zunächst nicht Stellung. Ein Sprecher des Präsidialamtes bestritt, die Razzia solle verhindert werden: „Wir verhalten uns gesetzeskonform.“ Zunächst hatte ein Vertreter des präsidialen Sicherheitsdienstes Medienberichte bestätigt, die Räumlichkeiten des Staatsoberhaupts würden durchsucht.

Die Polizei weitete derweil Ermittlungen gegen führende Mitglieder des Sicherheitsapparates aus. Am Mittwoch wurde mit dem nationalen Polizeichef Cho Ji Ho ein weiterer Spitzenbeamter verhaftet. Ihm wird die Unterstützung des Kriegsrechts vorgeworfen. Die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, er habe die Polizei angewiesen, Abgeordnete am Betreten des Parlaments zu hindern.

Unklar blieb zunächst, wer die präsidialen Aufgaben in Südkorea übernehmen soll. Die Opposition will noch am Mittwoch erneut einen Antrag zur Absetzung von Yoon im Parlament stellen, über den dann am Samstag abgestimmt werden soll.

Neue Abstimmung am Samstag

Laut dem DP-Abgeordneten Jo Seung Lae soll am Samstag gegen 17.00 Uhr (09.00 Uhr MEZ) im Parlament über das Amtsenthebungsverfahren abgestimmt werden. Trotz massiver Kritik an dem Vorgehen von Präsident Yoon war die Opposition am vergangenen Samstag mit einem Antrag auf dessen Absetzung gescheitert. Die Initiative verfehlte die erforderliche Zweidrittelmehrheit, nachdem die meisten Abgeordneten von Yoons PP-Partei die Abstimmung boykottiert hatten.

Für einen Erfolg des Antrags bräuchte die Opposition acht Stimmen der PP-Partei – drei ihrer Abgeordneten haben bisher erklärt, dem Antrag zustimmen zu wollen.

Präsident Yoon hatte vergangenen Dienstag im Zusammenhang mit einem Haushaltsstreit mit der Opposition das Kriegsrecht verhängt. Das Parlament machte jedoch kurz danach in einer dramatischen Sitzung von seinem Vetorecht gegen die Maßnahme Gebrauch, woraufhin Yoon das Kriegsrecht nach wenigen Stunden wieder aufhob.

Das Staatsoberhaupt darf das Land nicht verlassen, die Polizei ermittelt gegen ihn wegen des Vorwurfs des Aufruhrs. Bislang wurde er weder inhaftiert noch befragt. Der Leiter der südkoreanischen Antikorruptionsbehörde, Oh Dong Woon, erklärte, er sei bereit, Yoon bei Bedarf festzunehmen.

Der wegen seiner Rolle bei der Ausrufung des Kriegsrechts inhaftierte ehemalige Verteidigungsminister Kim Yong Hyun unternahm Behördenangaben zufolge einen Suizidversuch. Er hatte eine führende Rolle bei der Durchsetzung des Kriegsrechts gespielt. Das Justizministerium teilte mit, er habe mittels Hemd und Unterhose versucht, sich das Leben zu nehmen. Er stehe nun unter Beobachtung. Zu den Belastungszeugen gegen Kim und den Präsidenten zählen hochrangige Offiziere, die angaben, Yoon habe Truppen ins Parlament beordert, um die Abgeordneten an der Abstimmung über die Ablehnung des Kriegsrechts zu hindern.

Haftbefehl gegen Ex-Verteidigungsminister

Gegen Kim wurde indes ein Haftbefehl erlassen. Es bestehe Verdunkelungsgefahr, teilte das zuständige Bezirksgericht in der Hauptstadt Seoul mit.

Kim werden in dem Haftbefehl unter anderem „Ausübung hoheitlicher Pflichten während eines Aufstands“ und „Amtsmissbrauch zur Behinderung der Ausübung von Rechten“ zur Last gelegt. Der zurückgetretene Minister ließ über seine Anwälte erklären, er trage die „alleinige Verantwortung für diese Situation“.

Yoon in Umfragen abgestürzt

Täglich kommt es im Land zu kleineren Protesten. Die Zustimmungswerte für Yoon sind in Umfragen auf die niedrigsten Werte seit Langem abgestürzt.

Erstmals wurden die Vorfälle in Südkorea auch in nordkoreanischen Staatsmedien kommentiert. „Der schockierende Vorfall, dass die Marionette Yoon Suk Yeol, die mit einem Amtsenthebungsverfahren und einer Regierungskrise konfrontiert ist, plötzlich das Kriegsrecht ausrief und ohne zu zögern die Waffen und Messer ihrer faschistischen Diktatur schwang, hat in ganz Südkorea für Chaos gesorgt“, hieß es. Yoon hatte sein Vorgehen damit begründet, sein Land „vor der Bedrohung durch die kommunistischen Kräfte Nordkoreas“ schützen und „staatsfeindliche Elemente“ ausschalten zu wollen.

Die Beziehungen zwischen beiden Ländern befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte in diesem Jahr mehrfach Raketentests vornehmen lassen. Zudem kündigte er die Entwicklung weiterer Waffen an – auch die taktischer Atomwaffen. Als Reaktion darauf verstärkten Südkorea und die USA ihre Verteidigungszusammenarbeit. (AFP, Reuters)

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