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US-Präsident Donald Trump spricht zur Presse, während er sich mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte im Oval Office des Weißen Hauses in Washington, DC, am 13. März 2025 trifft, sitzend von links nach rechts sind Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth.

© AFP/MANDEL NGAN

Update

„Stunde der Amateure“ : Entsetzen in Washington über Gruppenchat-Kriegspläne der Trump-Regierung

Ein Journalist landet nach eigenen Angaben versehentlich in einem Signal-Chat mit Trump-Ministern. Dort liest er brisante Details zu einem Militärangriff mit. Ein Fall, der für viel Aufregung sorgt.

Stand:

In den USA blicken viele mit Fassungslosigkeit auf den Atlantic-Enthüllungsbericht, demzufolge hochrangige Beamte der Trump-Regierung – darunter Vizepräsident J.D. Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth – in einem Signal-Gruppenchat über Kriegspläne diskutierten. Einige Kongressabgeordnete äußerten etwa Bedenken wegen des möglichen Missbrauchs von Verschlusssachen und sensiblen Details über die Kriegspläne der USA.

„Dafür gibt es nur ein Wort: FUBAR“, schrieb der demokratische Abgeordnete des Repräsentantenhauses Pat Ryan, der im Ausschuss für Streitkräfte sitzt, auf X. Das Akronym FUBAR steht für „fucked up beyond all recognition“ (im Deutschen in etwa „bis zur Unkenntlichkeit versaut“). „Wenn die Republikaner im Repräsentantenhaus nicht SOFORT eine Anhörung darüber abhalten, wie das passiert ist, werde ich es verdammt noch mal selbst tun.“

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„Stunde der Amateure“

Sein Parteifreund Jim Himes, Kongressabgeordneter für Connecticut und zugleich ranghöchstes Mitglied des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses, kündigte am Montag an, die Anhörung zu den weltweiten Bedrohungen in dieser Woche nutzen zu wollen, um Antworten von US-Spitzenbeamten zu dem Fall zu erhalten.

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Andere machen sich über den Vorgang eher lustig. „Stunde der Amateure“, schrieb der demokratische Senator Ruben Gallego, ebenfalls ein Marine-Veteran, in einem Beitrag auf X. „Das sind die Genies, die auch die Ukraine verraten und unsere Allianzen auf der ganzen Welt zerstören. Kein Wunder, dass Putin sie am Verhandlungstisch in Verlegenheit bringt.“

Auch der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, sprach auf der Plattform X von „amateurhaftem Verhalten“ und forderte eine umfassende Aufarbeitung. Die Zeitung „The Hill“ und der Sender ABC zitierten ihn mit den Worten, es handele sich um „eine der unglaublichsten Verletzungen“ militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei.

Es war leichtsinnig, nicht zu überprüfen, wer in dem Thread war.

Mitarbeiter des Weißen Hauses

Die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton postete den „Atlantic“-Artikel auf X und schrieb dazu: „Das soll wohl ein Scherz sein.“ Der damalige Präsidentschaftskandidat – und heutige Präsident – Donald Trump hatte ihr im Wahlkampf 2016 immer wieder vorgeworfen, E-Mails über einen privaten Account verschickt und damit Sicherheitsregeln missachtet zu haben.

Aber auch in den Reihen der Republikaner und im Weißen Haus ist die Verwunderung über den Vorfall groß. Ein hochrangiger Beamter der US-Regierung sagte dem Nachrichtenportal „Politico“ am Montagnachmittag, dass in der Trump-Administration diskutiert werde, was mit Waltz zu tun sei.

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„Die Hälfte sagt, dass Waltz das niemals überleben wird oder nicht überleben sollte“, erklärte der Beamte. Zwei weitere hochrangige Berater des Weißen Hauses erklärten, dass Waltz am besten zurücktreten solle, um zu verhindern, dass der Präsident in einem „schlechten Licht“ dasteht.

„Es war leichtsinnig, nicht zu überprüfen, wer in dem Thread war. Es war leichtsinnig, dieses Gespräch auf Signal zu führen. Als nationaler Sicherheitsberater kann man nicht leichtsinnig sein“, sagte der Beamte gegenüber „Politico“.

Eine dem Weißen Haus nahestehende Person war sogar noch unverblümter: „Jeder im Weißen Haus ist sich in einem Punkt einig: Mike Waltz ist ein verf****** Idiot.“

Auch im Kongress gibt es Kritik. Der republikanische Abgeordnete Don Bacon, der dem Ausschuss für Streitkräfte angehört, bezeichnete die Übermittlung sensibler Informationen über ein unsicheres Netzwerk als „skrupellos“. Der Vorsitzende des Ausschusses, der konservative Senator Roger Wicker, erklärte gegenüber der „New York Times“, der Vorgang sei „besorgniserregend“ und sein Ausschuss werde „der Sache auf jeden Fall nachgehen“.

Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, forderte eine umfassende Aufarbeitung - und auch aus den Reihen der Republikaner gab es Kritik. US-Medien warfen die Frage auf, ob der Vorgang zu personellen Konsequenzen führt.

Verteidigungsminister: „Niemand hat Kriegspläne getextet“

Verteidigungsminister Pete Hegseth bestritt den „Atlantic“-Bericht später vehement. „Niemand hat Kriegspläne getextet“, antwortete er am Flughafen in Hawaii auf eine Reporter-Frage nach seiner Landung. Der frühere TV-Moderator des rechtskonservativen Sender Fox News bezeichnete den Autor und Chefredakteur des renommierten US-Magazins „The Atlantic“, Jeffrey Goldberg, als „betrügerischen und diskreditierten sogenannten Journalisten“, der es sich zum Beruf gemacht habe, eine Kampagne gegen die Regierung zu fahren und immer wieder Falschmeldungen zu verbreiten.

US-Präsident Donald Trump erklärte, er habe von dem Gruppenchat noch nicht gehört, sei aber ohnehin „kein großer Fan“ des „Atlantic“-Magazins.

Sicherheitsbedenken wegen der Verwendung von Signal

Sicherheits- und Rechtsexperten üben unter anderem an Kritik der Verwendung von Signal. John Bolton, dritter nationaler Sicherheitsberater während Trumps erster Amtszeit, erklärte im „Wall Street Journal“, es gebe keine Rechtfertigung für die Nutzung eines nichtstaatlichen Systems. „Das ist entsetzlich.“

Matt Blaze, ein Professor für Informatik und Recht an der Georgetown University, sagte der „Washington Post“, die Verschlüsselung sei bei Signal ziemlich stark, die Plattform jedoch nicht für hochsensible, geheime Gespräche geeignet. Er begründete dies unter anderem damit, dass Signal auf „grundsätzlich unsicheren Geräten“ laufe: Smartphones und Laptops, die mit dem Internet verbunden seien und „allen möglichen Angriffen auf die Geräte ausgesetzt sein können, die nichts mit der Sicherheit der Software zu tun haben“. Wenn das Gerät kompromittiert sei, sei alles, was das Gerät nutzt, kompromittiert.

Üblicherweise gibt es strenge Regularien dazu, wie die US-Regierung mit vertraulichen und streng geheimen Informationen umzugehen hat, die die nationale Sicherheit betreffen. Das gilt umso mehr für konkrete Pläne zu Militäreinsätzen im Ausland. Die Signal-App ist laut „Atlantic“ von der US-Regierung generell überhaupt nicht für den Austausch vertraulicher Informationen zugelassen.

Debatte dreht sich auch um mögliche Straftat

Ryan Goodman, ein ehemaliger Rechtsberater des US -Verteidigungsministeriums, ordnete das Vorgehen im Sender CNN als „grob fahrlässig“ ein. Grobe Fahrlässigkeit im Umgang mit Verschlusssachen sei per Gesetz strafbar, wenn diese an unautorisierte Personen weitergegeben würden. „Und es war ein Journalist mit in der Leitung. Das heißt, dass es wirklich eine Weitergabe gegeben hat.“

Wird es personelle Konsequenzen geben?

„Politico“ zitiert einen hochrangigen Regierungsmitarbeiter damit, dass auch über die Zukunft des Nationalen Sicherheitsberaters Waltz diskutiert werde. Trumps Sprecherin Karoline Leavitt machte nach „Politico“-Angaben allerdings in einem Statement klar: „Präsident Trump hat weiterhin größtes Vertrauen in sein nationales Sicherheitsteam, einschließlich des Nationalen Sicherheitsberaters Mike Waltz“.

Waltz fiel in dem Chat laut dem Goldberg-Artikel auch durch einen teils informellen Ton auf. Der Journalist schrieb, Trumps Nationaler Sicherheitsberater, der ihn in die Gruppe aufgenommen haben soll, habe etwa Emojis eingesetzt, um Zustimmung und Kampfgeist zu signalisieren: eine geballte Faust, eine US-Flagge und ein Flammen-Symbol.

Besonders brisant: Zwei Stunden vor Beginn der Attacken am 15. März soll Hegseth selbst im Chat detaillierte Angaben zu Zielen, Waffensystemen und dem zeitlichen Ablauf der Operation gemacht haben. Kurz darauf begannen tatsächlich Luftangriffe gegen Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen, die von den USA kurz zuvor wieder als ausländische Terrororganisation eingestuft worden waren.

Spätestens an diesem Punkt kam Goldberg, der zunächst sehr skeptisch gewesen sein will, nach eigenen Angaben zu dem Schluss, dass es sich bei dem Gruppenchat nicht um einen aufwendig inszenierten Fake handelte. (dpa, Tsp)

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